KOUFAX

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Soziale Literaten

Ständig versucht die (Mainstream-)Musikpresse uns davon zu überzeugen, dass die 80er wieder mächtig im kommen sind. Doch das einzige, was dabei herauskommt sind hässliche Frisuren und so ’n Stuss wie MIA. Doch unter der grellen, nach Erfolg lechzenden Oberfläche gibt es auch gute Bands, die ihre Wurzeln tief in der Dekade vergraben haben, als Nena mit Achselhaaren noch up to date war. KOUFAX, benannt nach der linkshändigen Baseball-Legende Sandy Koufax, gehören definitiv dazu. Kürzlich tourten die vier Jungs mit den GET UP KIDS, danach mit Kevin Devine durch unsere Lande und seit ein paar Monaten steht auch das zweite Album “Social Life” in den Läden. Ich sprach mit Gründer und Sänger Robert Suchan in der Cocktailbar der Bochumer Zeche.

Angefangen hat für euch alles mit einer 4-Song-EP auf Doghouse, für das erste Album “It Had To Do With Love” seid ihr dann zu Vagrant bzw. auf das GET UP KIDS-Label Heroes & Villains gewechselt. Wieso denn?


Tatsächlich bin ich schon seit ganz langer Zeit mit den GET UP KIDS befreundet. Auf deren erster Deutschlandtour 1998 mit BRAID war ich sogar als Roadie dabei. Durch die gute Freundschaft eröffneten sie unserer Band das Angebot, gesignt zu werden. Dadurch erhielten wir die Gelegenheit mit ihnen zu touren und die Veröffentlichung unseres Albums. Natürlich mögen wir Doghouse, aber bei Heroes & Villains zu unterschreiben, schien die smartere Entscheidung zu sein. Und bisher hat sich alles ganz wunderbar entwickelt. Als wir zu Vagrant stießen, war das Label noch richtig klein. Mit dem Erfolg der GET UP KIDS änderte sich dieser Zustand rapide. Aber ganz ehrlich, als wir von Vagrant gesignt wurden, wussten wir nicht mal, wer die überhaupt sind.

Ihr werdet oft mit haufenweise verschiedenen Bands verglichen. Das geht von Joe Jackson und Elvis Costello über die E-STREET BAND und THE CURE bis zu CHICAGO und Elton John. Glaubst du, dass diese Vergleiche passen oder nervt es, ewig verglichen zu werden?

Ich finde es nicht so schlimm, dass unser Sound oft verglichen wird. Man kann ihn eben auch getrost mit allen diesen Künstlern vergleichen. So etwas wie das Saxophon der E-STREET BAND findet sich ja z.B. auch auf unserem neuen Album wieder. Außerdem liebe ich Bruce Springsteen und seine Band. Alle diese Künstler hatten definitiv Einfluss auf uns. Ich sage gerne, dass KOUFAX eine ‚It is what it is’-Band ist. Es wird ja auch nie vorkommen, dass jemand sagt, dass wir exakt nach nur einer dieser zu Vergleichen herangezogenen Bands klingen, sondern wir klingen mehr nach einer Summe aus diesen Einflüssen. Obwohl ich natürlich nicht verleugnen kann, dass derlei Vergleiche den Verkauf einer Platte ankurbeln.

Könntest du sagen, welche deine fünf Lieblingsplatten sind?

Oh nein, das wäre zu schwer. Ich könnte eventuell fünf Bands nennen, die ich momentan am liebsten höre. Das wären SPIRITUALIZED oder MERCURY REV, WILCO, mit denen wir in Amerika unsere beste Show ever gespielt haben. Ich müsste darüber aber lange nachdenken, um eine Liste oder so anzufertigen. Im Moment muss ich aber sagen, dass ich wieder anfange, mehr neue Musik zu mögen. Lange Zeit war das nicht der Fall.

Nach eurem ersten Album verließen gleich zwei Mitglieder die Band, Sean Grogan und Andrew Cameron. Warum?

Die beiden verließen KOUFAX, weil sie nie zuvor in einer Band waren, die darauf aus war, möglichst viel zu touren. Das war eigentlich ihr Hauptgrund. Streit oder ähnliches gab es nie. Mit Ben haben wir ja seit längerem einen neuen Mann am Bass und Dave Shettler, der einst bei EMPIRE STATE GAMES spielte, trommelt für uns eigentlich nur im Studio. Auf Tour ist er nicht dabei.

Viele Bands in eurem Umfeld bezeichnet man ganz gerne als Emo. Doch ich denke der Begriff Powerpop passt bei euch wesentlich besser.

Ja, mit dieser Bezeichnung kann ich gut leben. Leider verwechseln viele den Begriff Pop mit Sachen wie Britney Spears oder ähnlichem. Aber man muss verstehen, dass es Zeiten gab, als Sachen wie Elvis Costello, CHEAP TRICK oder THE CURE Popbands waren. Insofern habe ich überhaupt kein Probleme damit, als Popband bezeichnet werden.

Auf eurer Homepage gibt es ein merkwürdiges Kapitel und zwar einen Book-Club. Was hat es denn damit auf sich, seid ihr besonders große Literatur-Freaks?

Na ja, ich würde uns nicht als Literatur-Freaks bezeichnen, doch ich muss ausdrücklich sagen, dass in Zeiten wachsender Technologisierung die Menschen einfach zu wenig Bücher lesen. Wenn Leute zu unseren Konzerten kommen, dann möchten wir nicht ständig mit ihnen über Bands, DVDs oder Handys plaudern, sondern vielleicht mal über Bücher. Wenn es uns gelingt, dass etwa hundert Leute etwa zehn Bücher jährlich lesen, dann wäre das echt ein Volltreffer. Wir möchten, dass die Leute mehr lesen und vielleicht geben wir ihnen mit dem Book-Club den passenden Anstoß dazu.

Was hat es denn mit dem empfohlenen Buch “The Accidental Revolution Of Roll’n’Roll” von Chuck Eddy auf sich?

Wir haben den Typen in New York kennen gelernt und freuten uns sehr zu hören, dass er KOUFAX mag. Er schreibt für die New Yorker Tageszeitung The Village Voice und er weiß wahnsinnig viel über Musik. Das sind oft Kleinigkeiten, die man niemals vermuten, geschweige denn wissen würde. Und er vergleicht alles miteinander und zeigt Parallelen auf. Er findet sogar Parallelen zwischen Elvis und Black Metal. Das Ganze ist detailverliebt und manchmal schwer geschrieben, aber gewiss interessant zu lesen – doch es gibt auch Leute, die das überhaupt nicht mögen. Das Schöne ist, dass man das Buch irgendwo aufklappen und anfangen zu lesen kann, es ist nämlich nonlinear.