ARTERIALS

Foto© by Lisa Meinen

Stresslevel runterfahren

ARTERIALS haben ganz nebenbei die Blaupause für den Sound einer Punk-Platte im Jahr 2020 geschaffen.

Das zweite Album „The Spaces In Between“ ist die Essenz aus über zwanzig Jahren Punk und unzähligen Vorgängerbands. Jeder hat seinen eigenen Sound gefunden und formt so den der Band. Jedes Instrument hat Platz im Mix, es klingt trotzdem brachial und der Gesang wird wie ein weiteres Instrument eingebettet, bleibt aber trotzdem verständlich. Was auch gut ist, denn die Texte sind nicht wie die häufig misslingenden Versuche deutscher Bands, tiefgründige englische Lyrics zu schreiben. Nichts wird unnötig verklausuliert. Es geht um Freundschaft, es ist politisch und unternimmt bisweilen den Versuch, zu erklären, warum die Menschen in dieser Band, die alle schon grob um die vierzig sind, sich das Punk-Ding überhaupt antun.


Denn in einer Punkband zu spielen, bedeutet eben auch enormen Zeitaufwand, Proben, Organisation, viel investiertes Geld und auf dem Boden pennen. Die intrinsische Motivation von ARTERIALS ist trotzdem hoch. Auch wenn sie keine Karriereambitionen verfolgen, haben sie einen großen Anspruch an die eigene Musik. Diese vier Musiker machen genau das, und nur das, worauf sie Bock haben. Wenn es dann auch noch Menschen gefällt, ist das umso besser.

Um ihr Stresslevel runterzufahren, haben sich ARTERIALS­ nach dem Vorbild von Bands wie CAPTAIN PLANET ein Limit für Shows im Jahr gesetzt und sucht dafür umso genauer aus, wo sie hinfahren. An Kontakten mangelt es nach fast zwei Jahrzehnten DIY in der Punk-Szene nicht. Schlagzeuger Jan Petersen denkt: „Es muss nicht immer Hamburg oder Berlin sein“, die schönsten Momente passierten oft an Orten wie zum Beispiel dem Emsland, wo sie mit Manatee Entertainment eine gute Freundschaft verbindet.

Freundschaft ist auch in der Band der Kitt, der alles zusammenhält. Florian Zandt, der neue Sänger, mit dem sich die Überbleibsel von NO WEATHER TALKS zu ARTERIALS formten, kam genau im richtigen Moment. Der Anforderungskatalog seiner drei Mitstreiter an eine*n neue Sänger*in war lang. Als sie sich schon sicher waren, dass sie keine*n mehr finden, kam Zandt erst nach Hamburg, dann in ihr Basketballteam und schließlich in den Proberaum. Dort sei direkt klar gewesen, dass gerade zusammengefunden hat, was zusammengehört, meint Petersen. Nicht nur musikalisch, auch menschlich wuchs die Band schnell zusammen. Mittlerweile sind die vier, wie es das Klischee will, beste Freunde, die die Musik spielen, die sie lieben. Bei ­ARTERIALS ist das aber kein Kitsch für den Pressetext. Es stimmt einfach. Alles passt parodistisch gut zusammen.