© by Micala Austin

Pioniere des Metalcore

Im Call mir gegenüber sitzt ein gut gelaunter Porter McKnight und begrüßt mich auf Deutsch. Er sitzt gerade in seinem Haus in Hessen und ist mit Renovierungsarbeiten beschäftigt, doch der Bassist unterbricht kurz, um mit uns über das neue Album und seine Band zu sprechen.

Wie funktioniert das mit der Band, ich meine, alle anderen Jungs sind in den USA und ihr habt gerade Songs aufgenommen und alles, also verlässt sich die Band jetzt mehr auf das Internet, um all diese Dinge zu tun, als früher?
Nein, ich fliege einfach zurück, wann immer ich muss. Ich bin im August hierher gezogen und war etwa eineinhalb oder zwei Wochen hier. Und dann bin ich in die Staaten geflogen, um auf Tour zu gehen, dann kam ich zurück, wir waren hier und wollten eigentlich einen Monat Pause machen, bevor wir in ein paar Tagen auf Europatournee gehen, und dann haben uns AVENGED SEVENFOLD gefragt, ob wir mit ihnen in San Diego spielen wollen. Wir sagten natürlich zu. Also war ich ein bisschen zu Hause, aber weißt du, ich bekomme gute Flugmeilen. Wenn wir in Kalifornien sind, dann läuft das auch so. Unser Sänger lebt jetzt in Nashville. Er ist auch im August umgezogen. Unser Zentrum ist also Kalifornien, aber ja, wir können eigentlich überall leben.

Nächstes Jahr ist eure Band 25 Jahre alt. Ihr wart von Anfang an dabei, was Metalcore angeht. Auch wenn ihr euch in eurem Sound weiterentwickelt habt, seid ihr ja auch immer noch ein Teil davon. Wie ist dein Eindruck von der Szene im Jahr 2023? Ich finde, die Sounds sind viel breiter und unterschiedlicher geworden als früher.
Ich glaube, Brandon hat das neulich gesagt: Wir haben gescherzt, aber wir dachten, okay, jetzt holen all diese anderen Bands das nach, was wir die ganze Zeit gemacht haben. Wir haben schon immer Techno- oder EDM-Parts in unseren Songs gehabt. Auf „Congregation Of The Damned“ gibt es zum Beispiel einen Song namens „You were the king, now you’re unconscious“. Wir wollten damals so etwas wie einen Techno-Part. Wir waren mit einem Typen befreundet, der gerade angefangen hatte, diese Art von Musik zu machen. Wir sagten: „Hey Kumpel, kannst du ein Intro für uns schreiben? Er sagte, ja, sicher. Also schickt er uns das Intro. Wir sagten: „Das ist verdammt großartig. Du bist wirklich gut darin.“ Im nächsten Jahr stellt sich heraus, dass er Skrillex ist, der bekannte DJ. Also haben wir schon auch seltsame Sachen gemacht. Mein Schwager ist ein Country-Musiker. Er hat mehr als 600 Country- und Folk-Songs geschrieben. Wir haben ihn auf unseren Alben spielen lassen. Wir waren schon immer eine Band, die gerne neue Dinge ausprobiert und neue Richtungen eingeschlagen hat, so dass Song sechs eine Ballade war und Song sieben ein Ripper und dann was auch immer. Wir haben es immer gemocht, auf eine Reise zu gehen. Ich finde es verdammt cool, wie vielseitig es sein kann, dass eine Band wie SLEEP ­TOKEN eine der größten Bands in der Heavy-Musik sein kann und es ist eigentlich verdammte Popmusik. Es ist großartig. Es ist fantastisch, aber es ist Pop. Dasselbe gilt für BAD OMENS. Es gibt diese Momente, in denen du denkst: Das ist nicht heavy, aber es verdient es, auch in der Heavy-Musik stattzufinden. Und es funktioniert und es ist verdammt schön.

Es ist großartig, dass ihr so viele verschiedene Stile in eurer Musik habt. ATREYU sind eine Band mit einer langen Karriere, die sich nicht immer und immer wieder wiederholt. Ich glaube, das ist eine Falle, in die viele Bands tappen.
Sicher, ich denke, Nostalgie ist eine heikle Sache, weißt du? Ich denke, sie ist einerseits schön, aber man kann auch darin steckenbleiben, dass man sich wünscht, damals dabei gewesen zu sein. Oder zu sagen, Rockmusik ist tot, nichts ist mehr so gut wie damals. Aber das ist falsch. Damals war man vielleicht anders, und jetzt ist man anders, heute will man dann wieder was anderes sein. Verstehst du? Aber wir sind eine Band, die ich immer noch mit meinem ganzen Herzen fühle, das ist der Grund, warum ich immer noch in dieser Band spiele und wir immer noch Musik machen, wir sind immer noch frisch. Wir machen immer noch etwas. Wir fordern uns immer noch selbst heraus. Wir erschaffen uns immer noch neu und wachsen immer noch. Wir versuchen nicht, die zu sein, die wir 2004 in der Metalcore-Szene waren. Es macht Spaß, immer noch hier zu sein. Das ist großartig, ja.

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Leben in Deutschland
Porter McKnight über sein Leben in Deutschland: Alles ist neu. Die Sprache, natürlich, die Kultur, die Art und Weise, wie Häuser gebaut werden, ist völlig anders. Jede einzelne Marke, die ich kannte, ist mehr oder weniger eine andere. Alle Unternehmen, alle Lebensmittelläden, ich muss alles lernen. Jeden Tag lerne ich etwas ganz Neues. Ich meine, im Grunde ist es dasselbe. Wenn ich etwas für das Haus besorgen muss, gehen wir in den USA zu Home Depot oder Lowe’s. Das ist ein, wie heißt das noch gleich auf Deutsch ...? Warum fällt mir nicht ein, wie das hier heißt? Baumarkt! Aber hier geht’s zu Obi. Es sind die gleichen Dinge, aber alle Marken sind neu. Welche Marken sind gut? Welche Marken sind scheiße? Ich glaube, das Beste ist für mich das Essen. Ich liebe einfach Brot und Butter und etwas Käse oder Fleisch oder was auch immer. Ich habe gerade erst etwas gegessen. Ich liebe das Einfache, und euer Brot hier ist so gut. Wenn man in Amerika zwei Scheiben Brot zu Mittag isst, einer dieser TikToker, die ich gesehen habe, hat das gesagt, wenn man in Amerika zwei Scheiben Brot zu Mittag isst, ist man arm. Deine Freunde werden fragen: „Hey, geht’s dir gut? Brauchst du Geld, um eine richtige Mahlzeit zu bekommen?“ Weil es dich nicht satt macht. Hier sind zwei Scheiben Brot eine gute Mahlzeit. Also, weißt du, das Essen, die Kultur, buchstäblich alles, was ich im und am Haus mache, ist neu. Es ist ein Abenteuer. Aber es macht Spaß, ich genieße das. Ich habe Notizen auf meinem Handy, eine Liste mit Käsesorten, die ich probieren will. Bei Bierverkostungen probiere ich alle verschiedenen Biere und bewerte sie, um herauszufinden, wie sie schmecken, weißt du? Ich habe gelernt, dass ich Andechser Bier liebe, die Klosterbrauerei, das ist so gut.