CRIMSON GHOSTS

Foto© by Arne Marenda

Hinterm Horror-Vorhang

Fünf Jahre und eine Pandemie liegen für die Kölner Horrorpunks THE CRIMSON GHOSTS zwischen den Alben „Yet Not Human“ von 2018 und „Forevermore“, das im Mai veröffentlicht wird. Und es hat sich etwas getan: Die Songs sind abwechslungsreicher, den Gesang teilen sich J und V, vormals Jackal und Vlad, nun mit zahlreichen Gästen am Mikrofon. Wir baten J zum Gespräch.

Auf „Forevermore“ habt ihr jede Menge Gastsänger, zudem übernimmst auch du nun einige Vocals. Hat V das nicht mehr alleine gewuppt bekommen?

Keine Sorge, haha. V ist durchaus noch in der Lage, ordentlich abzuliefern. Ich wollte lediglich noch mehr Abwechslung in unserem Sound haben und so habe ich zu seinem ohnehin schon riesigen Stimmumfang durch meinen Gesang noch ein paar Aspekte hinzugefügt. Die Gastsänger dagegen kamen, wie auf den anderen Alben, erst ins Spiel, als die Songs schon lange fertig waren. Da gab es dann Parts, bei denen wir uns dachten, diese oder jene Stimme würde jetzt super passen. Dann haben wir die entsprechenden Kollegen kontaktiert. Und wenn es die Zeit zugelassen hat, sind sie auch dabei gewesen.

Wie schwer ist es, sich festzulegen, wer bei welchem Song ans Mikro darf?
Bei uns ist es sogar recht simpel: Da ich alle Stücke schreibe und für eine Demoversion nicht nur die Instrumente einspiele, sondern auch alles einsinge, weiß ich von Anfang an, was ich mir selbst zutrauen und dem Publikum zumuten kann, haha. Beziehungsweise welche Rolle ich etwa bei den Harmonien habe. Bei der anschließenden gemeinsamen Arbeit am Song wird dann geguckt, ob das wirklich so funktioniert, wie ich es mir gedacht habe – oder ob es doch anders aufgeteilt werden muss.

Du sprichst scherzhaft von „zumuten“. Also greife ich das mal auf: Welche Stärken und Schwächen habt ihr beide jeweils als Sänger? Respektive: Wo ergänzt ihr euch am meisten und besten?
V ist ganz klar der klassischere Sänger mit seiner Stimmgewalt und den vielen verschiedenen Facetten von Death-Growl bis High-Pitch-Clean. Ich dagegen habe mich bisher immer als einen Sänger gesehen, der mit Ausnahmen – ich habe auf früheren Alben auch schon vereinzelt den Leadgesang übernommen – nur für die Background- und Harmonieklamotten zuständig ist. Beim neuen Album habe ich nun geschaut, ob meine eher unpolierte Stimme den Songs auch etwas geben könnte. Und genau das passierte dann durch den abwechselnden Gesang. Das ist meiner Meinung nach etwas, das für frischen Wind gesorgt hat.

Frischer Wind passt, „Forevermore“ klingt ungewohnt abwechslungsreich. Es enthält sogar einige, wenn man so will, musikalische Gimmicks wie etwa Keyboards. Wurde es euch zu langweilig im Proberaum?
Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass die Songs von einem Album zu 100% auch live reproduzierbar sein müssen, und mich daher oft mit Samples und Keyboards zurückgehalten. Einfach weil ich nicht wusste, wie wir das bewerkstelligen könnten, ohne ein weiteres Mitglied in die Band zu holen. Während der Pandemie aber habe ich mich auch viel mit Bühnentechnik und dergleichen beschäftigt und dabei gelernt, wie man live einen Sample-Player so verkabeln und einsetzen kann, dass die Band trotz Pausen innerhalb der Songs selbst im richtigen Tempo bleiben kann und die Samples und Keys im richtigen Moment wieder einsetzen. Wir machen quasi jetzt nur das, was wir sowieso schon länger vorhatten. Und es fühlt sich verdammt gut an, auch wenn es vermutlich für einige überraschte Gesichter sorgen wird.

Was unterscheidet „Forevermore“, abgesehen vom größeren Facettenreichtum, deiner Meinung nach von euren bisherigen Alben?
Das Album ist vermutlich durch den Einfluss der Lockdowns und der Zwangsisolation an manchen Stellen sehr viel düsterer ausgefallen als unsere bisherigen Scheiben. Die textlichen Inhalte dürften auf den ersten Blick zwar hervorragend in die Horrorthematik passen, allerdings kann man einige der Lyrics auch auf aktuelle Geschehnisse anwenden und sogar als gesellschaftliche Kritik verstehen – wenn man denn ein wenig hinter den Klischee-Vorhang guckt. Wenn man dazu jetzt noch die Keyboards und die vielen unterschiedlichen Stimmen nimmt, dann sind das alles in allem schon recht große Schritte, die wir in unserer Weiterentwicklung gemacht haben.