Foto

OKKULTOKRATI

La Ilden Lyse

Bei „Keep the fire burnin[g]“ hätte ich als Erstes an den Schmalzrock von REO SPEEDWAGON gedacht, doch auf Norwegisch klingt der Satz gleich viel mysteriöser – die ansonsten auf Englisch textenden Norweger OKKULTOKRATI werden sich was gedacht haben beim Titel ihres fünften Albums, das auch tatsächlich das erste ist mit einem Titel in ihrer Muttersprache. Ich hätte wetten können, dass der Vorgänger „Raspberry Dawn“ höchstens zwei Jahre her, so präsent ist mir die in der Frühphase auf dem Osloer Ausnahmelabel Fysisk Format veröffentlichende Band immer gewesen, doch siehe da, schon 2016 kam das Album. 2010 schrieb ich über das Debüt „No Light For Mass“: „Blendwerkfreier, maximalst böser R.O.C.K. in Nachfolge von ENTOMBED, MOTÖRHEAD, POISON IDEA, WOLFPACK und TURBONEGRO.“ Und wenn ich mir „La Ilden Lyse“ in Bezugnahme darauf anhöre, unterschreibe ich das immer noch. Die Produktion ist gefühlt noch mächtiger geworden, mit Hall wie in einer riesigen Höhle, Azoths „Cosmic Key[board]s“ verleihen dem Sound etwas Ätherisches, verschmelzen mit dem fauchenden Gesang von Dionysiac und werden mächtigst vorangewummert von Drummer Verminscum und Le Ghast am Bass. Und ja, dann ist da die Gitarre von Black Race (geht der Name noch in Zeiten von „Black Lives Matter“?): was für ein unglaubliches, erhabenes Gebrate mit triumphalen Spitzen, fast schon wie von Bläsern! Mich packt das ganz tief in den Eingeweiden, und ich frage mich, welch Potenzial manche der Black Metal-Pioniere verschwendet haben, weil sie seinerzeit nicht über die Produktionstechniken und Budgets verfügten, die heute für OKKULTOKRATI oder auch WOLVES IN THE THRONE ROOM bereit stehen. Es schnarrt und wummert und ballert von ganz tief unten, zusammen mir Producer Snake hat die Band ein enorm punktgenaues, nie zu Bombast oder Schwulst neigendes Album aufgenommen, das nah an der Perfektion ist. Die neun Songs nutzen mit 46 Minuten die LP-Spielzeit maximal aus, da wundert man sich fast, dass die Soundfetischisten von Southern Lord nicht gleich eine Doppel-45er-12“ gemacht haben. Andererseits: Vinyl ist sowieso schon teuer genug, und dann in die 30-Euro-Region vorstoßen ...? So oder so, auch in dieser Variante möchte und muss man diese Band von Platte und über große Boxen hören und sich von der Erhabenheit der Musik mitreißen lassen. Die Texte? Nun ja, sie sind eben nicht KREATOR oder NAPALM DEATH ...