RAZZIA

Spuren

Endlich. „Spuren“, das vierte RAZZIA-Album von 1991, das letzte mit Rajas Thiele als Sänger, fehlte noch als Neuauflage. Nach „Tag ohne Schatten“ (1983), „Ausflug mit Franziska“ (1986) und „Menschen zu Wasser“ (1989) wurde es jetzt auch sowohl als LP wie CD neu veröffentlicht.

Optisch ist das Cover dem Original zwar nahe, das Layout wurde dennoch neu gemacht – mit dem damaligen Ergebnis war die Band im Nachhinein nicht mehr glücklich. War auf dem Vorgänger noch Bernhards Keyboard ein prägendes Element des RAZZIA-Sounds gewesen, hatten sich die Hamburger zwei Jahre später von der Maschine verabschiedet und in enorm druckvoller Produktion (von Bernhard Waack für diese Neuauflage neu gemastert) ihr letztes „klassisches“ Album eingespielt.

Die Texte schrieb auf „Spuren“ überwiegend Bassist Sören Callsen, einige auch wieder Andreas Siegler, und die A-Seite wird gleich stark von „An der Grenze“ eingeleitet, bevor an dritter Stelle das markante „Fahnensog“ angestimmt wird.

Der sich inhaltlich mit dem Umgang mit alten Naziverbrechern beschäftigende Song (damals gab es noch eine Chance, sie zu bestrafen, heute sind fast alle tot) ist ein absoluter Höhepunkt der deutschen Punk-Geschichte, ergreifend, intensiv und eingängig zugleich, und immer wieder ertappe ich mich bei dem ketzerischen Gedanken, wo eigentlich heute Bands sind, die wie RAZZIA oder UPRIGHT CITIZENS (oder SLIME) so messerscharf die Politik und gesellschaftliche Entwicklungen kommentieren und analysieren wie diese es einst taten.

Schlimm, aber ich sehe und höre keine, die ähnlich treffsicher und sprachgewaltig sowie auch musikalisch versiert in diese Fußstapfen treten können. Man nehme nur „Willkommen“ – ein Text, der unter die Haut geht.

Die Neuauflage kommt sowohl als LP (mit Textblatt, aber ohne Linernotes) und als CD, wobei diese noch zwei Bonussongs aufweist: „Sklavenvolk“ und „Grell wie die Morgensonne“, beide unveröffentlicht, mit Rajas als Sänger – perfiderweise kommt man so eigentlich nicht am Kauf beider Formate vorbei ...