DON’T SLEEP

Foto© by Ryan Brosius

Die Erntezeit naht

Die Hardcore-Auslegung von DON’T SLEEP erfolgt grundehrlich und schnell verständlich. Die Band von der US-Ostküste setzt auf „See Change“ auf melodische, emotional aufgeladene Stücke mit Erinnerungswert. Das liegt auch – aber nicht ausschließlich – an Szene-Ikone Dave Smalley.

Das stört mich überhaupt nicht“, wehrt Gitarrist Thomas McGrath die Frage ab, wie die übrige Band damit umgeht, dass DON’T SLEEP häufig auf ihren prominenten Frontmann reduziert werden: „Ich meine, wir sprechen von Dave Smalley! Zeit meines Lebens bin ich ein großer Fans seiner Gruppen und nun arbeiten wir in einer Band zusammen. Für mich gibt es nichts Größeres. Die Art, wie ich Songs schreibe, harmoniert wunderbar mit seinen Vocals. Dave hat auch einige tolle Tracks für DON’T SLEEP geschrieben. Ich könnte unsere Songs den ganz Tag hören und tue das bisweilen auch. Dave ist ein großartiger Frontmann und wird völlig zu Recht verehrt. Dass DON’T SLEEP davon profitieren, ist doch toll.“

Referenzen wie DYS, DAG NASTY, ALL und DOWN BY LAW sind imposant, keine Frage. Spätestens seit Erscheinen von „Turn The Tide“ Anfang 2020 ist aber auch der Fünfer eine ernstzunehmende Größe: „Mit dem Debüt haben wir uns einen Traum erfüllt“, ordnet es Thomas (VERY AMERICANS, SAFARI SO GOOD) ein. „In den knapp drei Jahren, in denen ‚Turn The Tide‘ entstanden ist, sind sogar 25 Songs zusammengekommen, unter denen wir am Ende die zwölf besten ausgewählt haben. Zunächst sollte das Debüt bei Victory Records erscheinen, doch wir sind in den Transformationsprozess gerutscht, weshalb es letztlich bei Mission Two Entertainment, dem neuen Label von Tony Brummel, herauskam. Kurz vor dem Veröffentlichungstermin hat dann Corona zugeschlagen. Wir haben diskutiert, ob eine Veröffentlichung angesichts der Lage sinnvoll ist, haben uns aber dazu entschieden, es herauszubringen. Schließlich war nicht abzusehen, wie lange all das dauern würde. Dass wir nicht touren konnten, war schade, doch uns war es wichtiger, dass ‚Turn The Tide‘ draußen war. Im Rückblick hätten wir vielleicht warten sollen, aber hinterher ist man immer schlauer. Andererseits hatten die Leute so die Gelegenheit, die Songs zu hören. Das Touren holen wir nun mit dem zweiten Album nach. Auch für Europa stehen schon Daten fest, so dass wir nun endlich die Früchte unserer Arbeit einfahren werden.“ Die Pandemie war für das Quintett ein herber Schlag: „Corona und DON’T SLEEP standen von Anfang an auf Kriegsfuß miteinander“, bestätigt der Gitarrist. „Wir hatten unser erstes Album fertig und waren auf dem Sprung, damit auf Tour zu gehen. Von einem auf den anderen Augenblick war plötzlich die Luft raus und nichts ging mehr. Unser Momentum war verloren. Daran hatten wir zu knabbern. Die Situation mit meiner regulären Arbeit, ich betreibe mehrere Restaurants, war damit verglichen einfach. Natürlich gab es auch für die Restaurants Einschränkungen und Auflagen, aber die Leute mussten ja dennoch essen und wir haben uns auf alles eingestellt. Das lief die ganze Zeit über weitgehend problemlos.“

Der Fortbestand von DON’T SLEEP stand dennoch niemals zu Debatte: „Überlegungen dieser Art hat es nicht gegeben, so etwas haben wir nicht diskutiert“, stellt Thomas klar. „Ich denke auch nicht, dass diese Band jemals auseinanderbrechen oder aufhören wird. Selbst dann nicht, wenn die Umstände nicht auf unserer Seite sind. Wir alle haben schon immer viel investiert, damit es weitergeht. Das ist die oberste Priorität. Dave lebt immer schon weit von uns entfernt und ist nun noch weiter weggezogen. Das macht die Organisation von Shows und Touren nochmals schwieriger, so dass wir umso mehr planen und überlegen müssen, was für die Band geht und sinnvoll ist. Einiges können wir schlicht nicht umsetzen, aber das ist okay.“ Der Alltag fordert schließlich auch seinen Tribut: „Die Möglichkeit, auch in seinen Vierzigern immer noch Musik zu spielen, hat nicht jeder“, weiß der Gitarrist. „Deshalb sind wir dafür dankbar, Songs zu schreiben, Alben zu veröffentlichen und Touren zu spielen. Der Kern unser Gruppe lebt in unmittelbarer Nähe zueinander. Wir treffen uns regelmäßig zu Proben und schreiben gemeinsam Songs, die wir dann als Demos aufnehmen und Dave zusenden. Diese Arbeitsweise funktioniert gut, auch wenn ich gerne mehr proben würde. Man muss allerdings bedenken, dass wir fünf zusammen 15 Kinder und zudem Jobs haben, die ebenfalls ihre Zeit erfordern. Gehen wir auf Tour, sind wir von unseren Familien getrennt und müssen die Abwesenheit mit unseren beruflichen Verpflichtungen in Einklang bringen. Doch all das lässt sich regeln. Wir nehmen die Widrigkeiten in Kauf, weil wir Spaß an unserer Band und der Musik haben. Ich freue mich, dass wir die Zeit finden, DON’T SLEEP am Laufen zu halten.“

Zumal der organisch-eingängige und intuitiv verständliche Hardcore des Quintetts seine Hörer findet: „Das Hardcore-Umfeld verändert sich permanent“, holt Thomas aus. „Das gefällt mir sehr, denn Stillstand wäre weitaus schlimmer. Was mir auffällt: heutzutage ist alles viel technischer. Die jüngeren Bands sind überwiegend metallischer ausgerichtet. Doch auch der eher traditionelle melodische Hardcore, wie wir ihn spielen, hat nach wie vor seinen Platz. Aufgrund der vielen Sub-Stile mag vieles separierter nebeneinander existieren. Zugleich scheint es mir aber auch so zu sein, dass es insgesamt deutlich mehr Hardcore-Hörer als vor einigen Jahren gibt. Und immer wieder bieten sich Gelegenheiten, vor Publikum auftreten, das uns sonst nicht kennen lernen würde. Wir leben nicht weit von Baltimore entfernt, wo es eine eingefleischte Hardcore-Szene gibt. DON’T SLEEP profitieren davon, dass wir eigentlich mit allen Gruppen zusammen spielen können. Ganz egal, welchen Stil sie verfolgen. Das Schöne im Hardcore ist, dass die meisten Hörer aufgeschlossen sind. Melodische Musik mag jeder und dann ist da noch unser charismatischer Frontmann Dave Smalley, der heraussticht und viele mitnimmt.“