INTO IT. OVER IT.

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Turn around

Wie schnell das Leben aus den Fugen geraten kann und was eigentlich die ganze Zeit auf dem Spiel stand, musste Sänger, Gitarrist, Bassist und Texter Evan Thomas Weiss nach seiner letzten Tour mit INTO IT. OVER IT. schmerzlich erfahren. Durch das viele, zum Teil selbst organisierte Touren hat der Amerikaner zu Hause viel riskiert. Ende 2016, Anfang 2017, kurz nach dem Ende einer Europatour, war Weiss auf einmal allein. Allein in seiner Band. Seine Beziehung, die durch seine Musik stark gelitten hat, war vorbei. Wieso er am Ende doch noch erfolgreich den Resetknopf drücken konnte, erzählt er im Interview.

Wenn man sich dein neues Album „Figures“ anhört, bestätigt sich das Bild, dass das Leben eines Musikers nicht unbedingt einfach ist. In den letzten Jahren scheint bei dir einiges passiert zu sein. Wie hat es sich angefühlt hat, diese zwölf neuen Songs zu schreiben?

Puh, wo soll ich da anfangen? Nach den Rückschlägen zum Ende der letzten Europatour hatte ich vor allem das Gefühl, dass es Zeit für einen Neustart war. Ich wollte das Schreiben meiner Musik aus einer neuen Perspektive angehen. Es ging mir um das Erreichen neuer Ziele, die sich daraus ergeben haben, dass ich INTO IT. OVER IT. quasi neugegründet habe, nachdem Josh Sparks vor ein paar Jahren endgültig aus der Band ausgestiegen ist. Dabei ist es eigentlich gar nicht möglich, einen so absoluten Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und mit einem neuen Mindset neu zu starten. Aber ich hatte es bitter nötig, den Resetknopf zu drücken und herauszufinden, was da nach all den Jahren aus mir geworden ist und was für ein Mensch ich eigentlich sein wollte. Im Grunde ist das auch das Grundgerüst der Platte.

Zu deiner persönlichen Entwicklung und den Schicksalsschlägen kommt noch, dass die Welt im Moment ja quasi in Flammen steht. Inwieweit verarbeitest du auf „Figures“ auch das aktuelle Zeitgeschehen?
Da alle Songs über einen Zeitraum von drei Jahren geschrieben wurden und sich die Aufnahmen auch von 2017 bis 2019 erstreckten, nimmt die Platte jetzt nicht wirklich Bezug auf das, was da gerade auf den Straßen von Amerika passiert. Um ehrlich zu sein, bin ich froh darüber, dass die Situation noch nicht so eskaliert war, als ich mit „Figures“ beschäftigt war. Dazu kommt jetzt auch noch, dass ich im Moment an so viel Musik arbeite, wie ich es in den letzten sechs, sieben Jahren nicht geschafft habe. Das wirkt sich für mich sehr positiv aus und verleiht mir die psychische Stärke, um mit der Situation zumindest einigermaßen klarzukommen.

Wie gehst du damit um, wenn jemand deine Musik mit anderen Bands vergleicht? Ich finde, dass man auf „Figures“ das eine oder andere Mal Einflüsse von DEATH CAB FOR CUTIE, AMERICAN FOOTBALL und selbst BON IVER heraushören kann.
Jeder kann meine Musik mit was auch immer vergleichen. Das überlasse ich komplett den Hörern.

Du hast gerade schon erwähnt, dass du so viel Musik schreibst, wie schon lange nicht mehr. Was machst du, wenn du mal etwas Abstand gewinnen möchtest, vielleicht um den Kopf wieder freizukriegen?
Meinst du, ob ich mir Acid einwerfe? Weißt du, wo ich etwas herbekommen könnte? Kleiner Scherz! In der letzten Zeit haben ein paar Freunde und ich uns nachts auf unsere Fahrräder geschwungen und sind durch die komplett ruhige Stadt gefahren. Der Kontrast zwischen der Hektik am Tag und der Stille in der Nacht ist enorm und wirklich faszinierend. Vor der Pandemie haben viele von uns die Stadt nie so wahrgenommen. Das hat auch eine sehr beruhigende Wirkung. Darüber hinaus war ich auch schon immer ein Fan davon, sich einfach ins Auto zu setzen und ziellos umherzufahren. Das mache ich eigentlich schon, seit ich ein Teenager war.

Eine letzte Frage habe ich noch. Da INTO IT. OVER IT. ja mittlerweile komplett dein Soloprojekt ist, würde mich interessieren, was für dich wichtiger ist: Shows zu spielen oder Songs im Studio aufzunehmen?
Für mich war immer das Schreiben und Aufnehmen von Songs wichtiger. Mir geht es im Moment auch wirklich gut damit, erst mal nur neue Alben zu produzieren. Es wird irgendwann wieder Shows geben. Das hoffe ich zumindest. Schließlich möchte ich mir auch wieder Konzerte anschauen. Und vielleicht werde ich dann bei Zeiten auch das eine oder andere eigene Konzert spielen. Wir werden sehen, was die Zeit so bringt.