MONOSPHERE

Foto© by Quinten Quist

Post-Metalcore mit klassischem Einschlag

Schlagzeuger Rodney Fuchs hat viele Töpfe auf dem Herd: Als Musiker hat er das Konzept für das Album seiner Band MONOSPHERE entworfen, als Veranstalter organisiert er Konzerte in Mainz, treue Fuze-Leser:innen werden Rodney jedoch vor allem durch seine vielen Interviews kennen, die er schon für dieses Heft geführt hat. Nun sind die Rollen vertauscht und Rodney beantwortet uns ein paar Fragen.

Rodney, als jemand, der in allen Bereichen des Musikbusiness seine Finger hat, kannst du Musik auch noch ganz „normal“ hören?

Im Grunde genommen habe ich mir durch mein Musikwissenschaftsstudium das Musikhören als solches ein wenig kaputtgemacht, weil ich sie einfach sehr analytisch höre. Ich versuche, Dinge zu interpretieren und herauszufinden, und dabei geht manchmal diese Gefühlsebene verloren. Die kommt dann in eher seltenen Momenten wieder durch, wo ich sagen kann, dass mich ein Song oder eine Band gerade total abholt. Das passiert mir eher bei klassischer Musik, das packt mich meist viel mehr, als wenn ich auf eine Show einer Band gehe, die ich zwar gerne höre, aber wo ich nicht diese emotionale Verbindung habe. Ich höre immer noch super gerne und auch bewusst Musik. Aber dadurch, dass ich so viel in diesem Kontext arbeite, ist es vielleicht nicht mehr so wie früher oder wie es für die meisten ist. Es gibt da halt immer die Komponente, die das mit Arbeit verbindet, oder ich versuche da etwas reinzuinterpretieren. Da fällt es schon schwer, die Musik als das zu nehmen, was sie eigentlich ist.

Wie schreibst du Musik, versucht du das dann einfach abzuschalten oder gehst du da auch analytisch mit einem Notenblatt vor dir vor? Immerhin handelt es sich bei „The Puppeteer“ um ein Konzeptalbum, das schreibt sich ja nicht mal eben so.
Das ist ein wenig ein Mix aus beidem. Als ich angefangen habe, war mir gar nicht bewusst, dass es ein Album werden soll. Ich hatte einfach nur ein Riff im Kopf, das ich auf der Gitarre immer wieder gespielt habe. Ich war total fasziniert von diesen sieben Tönen, die ich immer wieder wiederholt habe und es wurde nicht langweiliger. Da war schon eine gewisse Faszination dafür, was man mit einem Riff alles machen kann und wie unterschiedlich man das auslegen kann. Ich kann mich nicht dazu zwingen, Songs zu schreiben, ich brauche schon das richtige Mindset und kreative Momentum. Beim Schreiben von Texten ist das bei mir übrigens genauso. Ich brauche da immer einen gewissen inneren Impuls. Das Album ist tatsächlich größtenteils in einer Art Rauschzustand entstanden. Als der Grundstein gelegt war und ich gemerkt habe, dass ich meine Idee ein wenig ausbauen kann, habe ich den Song eben nicht einfach beendet, sondern immer weiter geschrieben. Da sind auch unbewusst so Dinge mit reingekommen, dass Parts von vorher noch mal aufgegriffen werden. Das ist mir erst im Nachhinein bewusst geworden, dass ich häufig repetitiv arbeite. Manche Sachen plane ich, manche sind einfach so geschehen, dass ich zum Beispiel Rückgriffe mache, die sich logisch anfühlen und eine Struktur ergeben. Klassische Elemente, die ich sehr viel verwendet habe, sind etwa rhythmische Verkettungen. Diese Repetitionen finden sich auf dem ganzen Album, auch mit gewissen Motiven, die immer wieder vorkommen, aber auch mal ein wenig versteckt sind. Das musst du dir so vorstellen, dass ich das Album geschrieben habe und dann geschaut habe, wo ich meine Easter Eggs verstecken kann. Im Grunde genommen habe ich einfach drauflos gebaut, am Ende wurde ein Häuschen draus, und das muss dann noch verziert werden. Das ist sowohl intuitiv als auch mit Planung entstanden.

Du bist jetzt der Schlagzeuger der Band, ohne dir und anderen Schlagzeugern zu Nahe treten zu wollen, aber ich habe Drummer selten als treibende Kraft im Songwriting erlebt. Ist das Schlagzeug dein „Hauptinstrument“?
Ich spiele seit ich fünf bin Schlagzeug und das ist auch mein Hauptinstrument. Eine Gitarre habe ich erst sehr spät mal in die Hand genommen, obwohl meine Mutter Gitarrenlehrerin ist. Mit zwölf oder dreizehn habe ich begonnen, Klavier zu spielen, wodurch ich viel klassische Musik spielen und kennen lernen konnte. Der Großteil des Albums ist also auf der Gitarre entstanden. Ich spiele zwar jetzt seit knapp zehn Jahren Gitarre, aber ich sehe mich nicht als Gitarrist. Die Gitarre ist für mich ein Werkzeug, um Songs zu schreiben, aber für einen Gitarristen spiele ich einfach zu unsauber. Auf dem Schlagzeug bin ich wesentlich versierter unterwegs. Ich schreibe eben die Songs, was auch bei meiner alten Band schon so war, und bei MONOSPHERE ist der Großteil von mir, auch wenn wir jetzt zwei neue Leute dabei haben, die da auch viele Ideen haben.

„The Puppeteer“ ist ja ein Konzeptalbum. Jetzt hast du gesagt, dass du auch mit klassischer Musik aufgewachsen bist, da werden ja gerne mal große Geschichten erzählt. Dass ist ja etwas, das man in der modernen Musik eher selten findet, außer, und das ist jetzt nur mein Eindruck, im Prog-Metal. Von COHEED AND CAMBRIA bis BETWEEN THE BURIED AND ME. Bietet sich diese Musik für diese Art Storytelling besser an?
Eigentlich ist es egal, welche Musik du machst. GREEN DAY haben mit „American Idiot“ auch bewiesen, dass das geht. Und das ist jetzt keine progressive Musikrichtung. Es ist aber stringent und hat ein gut funktionierendes Storytelling. Ich habe oft das Gefühl, dass diese Geschichten dem Ganzen noch mal eine gewisse Komplettheit geben, die du sonst nicht hast. Für mich gehört zu einem Album mehr als nur zu sagen: Hier sind zehn Songs, die haben wir aufgenommen. Das soll ein ganzes Werk sein, wie du in der Klassik ein Opus hast, das eine gewisse Struktur hat und als komplettes Werk steht. Ob das jetzt eine Oper oder eine Symphonie ist. Ich verliere mich da gerne in Details.