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PABST

Deuce Ex Machina

In den letzten Jahren haben immer wieder deutsche Bands aufhorchen lassen, die geklungen haben wie Relikte aus den guten, alten Neunzigern. Wie vergessene Bands von Sub Pop oder Merge Records. Ausgegraben, abgestaubt und auf die Rampe geschubst. Bands wie HEIM aus Bamberg oder TWIN RED aus Hannover. Die wohl vielversprechendsten Neo-Nineties-Helden kommen aus Berlin und heißen PABST. Dabei waren die drei Jungs noch im Kindergarten, als sich Kurt Cobain am 5. April 1994 mit einer Flinte in seinem Haus in Seattle das Hirn wegpustete. „Eigentlich haben wir selbst nie wirklich Grunge gehört“, sagt Sänger und Gitarrist Erik Heise, der vorher ein Elektroprojekt namens FICKSCHEISSE hatte. Dann lernte er Bassist Tilman Kettner und Schlagzeuger Tore Knipping kennen und hatte sofort Bock auf Krach. Gegründet vor vier Jahren, haben die drei echten Hauptstädter, benannt nach einem Billig-Bier aus den USA, eine raketenhafte Karriere hingelegt. Noch im gleichen Jahr kam die erste EP „Skinwalker“ und zwei Jahre später das Debütalbum „Chlorine“. Beide erschienen bei Crazysane Records. Vor allem das Album schlug ein wie eine Bombe. Es hagelte euphorische Kritiken. Die Songs irgendwo zwischen Noise, Grunge und Pop. Hits für die Indie-Disco wie „Shake the disease“ oder „Waterslide“, beworben durch witzige Videos. Es folgten eine eigene Headliner-Tour durch Deutschland und Support-Shows für ODD COUPLE, KADAVAR oder Bob Mould. Zwei Jahre später ist der Nachfolger da: „Deuce Ex Machina“. Diesmal nicht veröffentlicht über Crazysane Records, sondern über das bandeigene Label Ketchup Tracks. Elf neue Songs, in denen die Band ihr Profil noch einmal geschärft hat, würde ein Unternehmensberater sagen. Perlen mit Kratzern und Furchen, die in der Sonne funkeln. Mehr Fuzz, mehr Grunge, mehr Hooks, mehr Handclaps. Teilweise klingt da auch der Stakkato-Sound der HIVES durch. Schon die erste Single „Ibuprofen“, eine Hymne auf Medikamenten-Missbrauch, war ein eindrucksvoller Vorbote. Im Video für die zweite Single „Skyline“ spielt sogar Max Gruber von DRANGSAL mit. Als Fan von NIRVANA, SONIC YOUTH oder DINOSAUR JR. kann man da nur selig lächeln. Und das alles nur, weil sie keine Lust mehr auf elektronische Musik hatten. In der Stadt, die den Techno kultiviert hat wie keine andere. Aufgenommen und gemischt haben das Album Moses Schneider (TOCOTRONIC, BEATSTEAKS, TURBOSTAAT) und Magnus Wichmann (NEONSCHWARZ, LINGUA NADA) im Candy Bomber Studio im ehemaligen Flughafen Tempelhof. In verschiedenen Live-Sessions sind die Songs über den Weltuntergang oder das chronische Verliererdasein in der Bundeshauptstadt entstanden. Immer mit dem typischen PABST-Augenzwinkern, das jegliche Kritik gleich im Keim ersticken lässt.