THE GHOST INSIDE: Bassist gefeuert - Ein Kommentar

 THE GHOST INSIDE: Bassist gefeuert - Ein Kommentar
© by Epitaph Records

Mittlerweile sollte jeder mitbekommen haben, dass THE GHOST INSIDE ihren Bassisten Jim Riley aus der Band geworfen haben, einen Tag nachdem das neue Album der Band veröffentlicht wurde, das erste nach einem schweren Busunfall 2015, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen und die Band zum Teil schwer verletzt wurde.

Im Zuge der Veröffentlichung eines Shirts, welches THE GHOST INSIDE als Benefiz und im Rahmen der Black Lives Matter Proteste in den USA anbieten, wurden Vorwürfe laut, dass vor fünf Jahren Bassist Jim Riley, vor dem Unfall, selbst auf Tour rassistische Bemerkungen gegenüber einem Busfahrer gemacht hat.

Was mich sprachlos macht, sind viele Kommentare, die man jetzt bei verschiedenen Newsmeldungen zu diesem Thema findet. Denn da wird gerne mal darauf verwiesen, dass es ja „nur ein Wort gewesen sei“ und dass es ja „schon fünf Jahre her“ sei und er sich entschuldigt habe. Für mich ist das ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die sich Tag ein, Tag aus mit diesem Alltagsrassismus auseinandersetzen müssen. Vor nicht mal einer Woche haben wir alle schwarze Vierecke und Black Lives Matter gepostet und uns selber als ach so reflektierte, (weiße) Anti-Faschisten gesehen. Aber wenn es um jemanden geht, der Mitglied einer beliebten Band ist, gilt das alles nicht mehr. Da wird relativiert, oder auf verbale Ausfälle der Person hingewiesen, die den Vorwurf veröffentlicht hat, um den Ankläger und damit die Vorwürfe zu diskreditieren.

Zum einen ist es extrem geschmacklos, gerade vor dem Hintergrund, was gerade in der Welt passiert, dem nächsten weißen Dude in einer Band direkt einen Freibrief auszustellen, nur weil er geile Breakdowns spielt und es ja nicht so gemeint hat. Und man muss sich die Frage stellen: Ist seine Anklage denn deswegen hinfällig, weil er selbst sich homophob geäußert hat? Zumal Jim Riley die Vorwürfe ja zugegeben hat. Da gibt es also nichts dran zu rütteln. Das hat erstmal also nichts mit den zweifelhaften Dingen zu tun, die Rashod Jackson mal gesagt hat. Und das die Band über Jahre nichts davon gewußt haben will, oder nicht wahrhaben wollte, macht das ganze auch nicht besser.

Natürlich muss es eine Möglichkeit geben, sich zu rehabilitieren. Es muss gegeben sein, sich von seinen Fehlern zu distanzieren, sie zuzugeben und an sich zu arbeiten. Und es muss auch möglich sein zu verzeihen. Allerdings muss dort ein Konsens gefunden werden, was da ausreichend ist, und das möchte ich mir nicht anmaßen, zu entscheiden. Reichen die paar Tweets? Hätte er sich nicht beim Busfahrer entschuldigen müssen, und nicht bei seinen Fans bei Twitter? Das kann ich nicht beantworten.

Ich finde, die Band hat mit dem Rauswurf auch nicht gerade richtig gehandelt. Natürlich fliegt ihnen jetzt alles um die Ohren, so oder so. Damned if you do, damned if you don’t. Aber irgendwie fühlt sich der Rauswurf jetzt als „easy way out“ an. Im Interview in der aktuellen Ausgabe des FUZE sagt Sänger Jonathan Vigil: „Die aktuelle Besetzung, das ist THE GHOST INSIDE, das sind wir. Die Band wird nie ein anderes Mitglied haben. Wie könnten wir unser Line-Up nach unserer Geschichte ändern?“ So weit scheint es damit ja dann doch nicht her zu sein. Ganz ehrlich, da bekommt man doch das Gefühl, es ist alles nur Business, da versucht eine Band gerade ihre Haut zu retten. Besser wäre wohl gewesen, gemeinsam - wenn man dann wirklich wie Brüder ist - einen Schritt zurückzutreten, das Problem zu erkennen, zu diskutieren und entsprechend gemeinsam Konsequenzen zu ziehen. So wirkt alles nur wie eine überhastete, kopflose Entscheidung um zu retten, was zu retten ist.

Dennis Müller (office@fuze-magazine.de)