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Jens Eber aus Heidenheim

Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden einige davon vorgestellt. Diesmal: Jens Eber aus der einstigen Ox-Stadt Heidenheim.

Bitte stell dich vor. Alter, Wohnort, was machst und arbeitest du?

Servus, ich bin Jens Eber, bin 48, und lebe in Heidenheim, also direkt an der Ox-Wiege. Ich bin freier Journalist und Forstwirt. Die Schwerpunkte wechseln sich da ein bisschen ab, aber auch wenn ich gerade nicht im Wald arbeite, schreibe ich viel darüber. Ich bin außerdem beim Verein Bergwaldprojekt und im Berufsverband Freischreiber aktiv. Freizeit? Na ja, was schwäbische Männer eben so machen: in der Werkstatt sein, irgendwelche Sachen bauen, dabei Punkrock hören und sauren Sprudel trinken.

Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?
Ende der Achtziger kursierte das Ox zum ersten Mal in der Raucherecke auf dem Schulhof, da bekam ich es ab und an in die Finger. Später bestellte ich es ein paar Mal über irgendeinen Mailorder. Seit Ausgabe 18, glaube ich jedenfalls, bin ich Abonnent.

Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?
Damals, also so zwischen 1989 und 1995, waren es BAD RELIGION, NAPALM DEATH, TERRORIZER und NEUROSIS. Die finde ich alle immer noch großartig, auch wenn heute häufiger die DESCENDENTS, THE NOTWIST, NEW MODEL ARMY, die BROILERS – „Alice und Sarah“ war mein Sommerhit 2021! – oder die IDLES im Player landen. Und dazu beim Arbeiten sehr viel Death Metal.

Was denkst du, warum bist du dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur bis heute treu geblieben? Was bedeutet sie dir heute?
Punk/Hardcore ist ohne klare Haltung nicht vorstellbar, zumindest in meiner Definition. Unpolitischer Hardcore ist ein Widerspruch in sich. Diese klare Kante in Verbindung mit am besten schneller Musik schafft eine Energie, die ich so nirgendwo sonst gefunden hab. Ich höre viel Metal, aber wenn es dann um Elfen, Trolle und Gemetzel geht, nimmt mich das inhaltlich nicht mit. Mir geht Hardcore aber auch schnell auf den Zeiger, wenn ich das Gefühl habe, dass Markenklamotten und irgendwelche Posen im Vordergrund stehen.

Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.
Die Kratzbürstigkeit, die viele im Musikjournalismus nach so vielen Jahren längst verloren hatten, und dass ich sicher sein kann, dass ihr nie die Onkelz oder FREI.WILD auf dem Cover haben werdet.

Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?
Was fast alle sagen: Das „Tagebuch eines Verlierers“ kommt immer zuerst dran. Als damals Toms Hund gestorben ist, hab ich Rotz und Wasser geheult, das war mit das Traurigste, das ich je gelesen habe. Altersbedingt kommen dann die Rereleases, damit ich weiß, ob ich irgendwelche Lücken in der Musikbiografie auffüllen kann. Dann die Rezepte – und dann der Rest. Die Comic-Reviews lasse ich meistens aus.

Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?
Meine allerersten Faves als Hosenscheißer waren STATUS QUO und die RAMONES, dann kamen etliche Achtziger-Metal-Jahre, bevor Punk und Hardcore mich mitnahmen. Bei meinen eigenen Bands war es andersrum, da kam erst der Punkrock und dann ein paar Metal-Bands, in denen ich trommelte. Ich bin ganz froh, dass ich mich für so viel Musik begeistern kann. Ich finde für jede Stimmung den passenden Sound, für den Flow beim Arbeiten funktioniert Geschepper ganz toll, zum Putzen SOCIAL DISTORTION und zum Chillen NOTWIST.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?
Indirekt. Joachim hat vor gefühlten 153 Jahren in einer Kneipe in unserer Region gelegentlich aufgelegt, und er startete immer mit „Change of ideas“ von BAD RELIGION. Oder war es „You are the government“? Egal ... Jedenfalls war das immer das Startsignal für einen langen, lauten Freitagabend. Und die Phase von „Suffer“ bis „Against The Grain“ wurde zum Soundtrack meiner Jugend.

Was findest du gut am Ox?
Dass ihr inhaltlich abdeckt, worum es bei Punk und Hardcore geht, und das ist eben mehr als Musik. Dass so was wie „Kochen ohne Knochen“ daraus entstand, ist eine logische und schlüssige Folge. Und ihr habt eine ziemlich hohe Textqualität, wenn man das mit den Schulaufsätzen mancher anderer Fanzines vergleicht.

... und was sollten wir endlich mal ändern – abgesehen von der kleinen Schrift?
Ich finde ja, ein Magazin kann nur richtig gut sein, wenn die Macher:innen vollkommen dahinterstehen. Das spürt man dann auch beim Lesen. Insofern: Ihr müsst schon selber wissen, was ihr wollt, haha! Für eure älteren Leser könntet ihr aber endlich eine Leselupe mit ins Merch aufnehmen.