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Andrés aus Osnabrück

Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden einige davon vorgestellt. Diesmal: Andrés aus Osnabrück.

Bitte stell dich vor.

Ich bin Andrés. Geboren wurde ich in Pasto in Kolumbien und bin dann als Baby adoptiert worden und hier Osnabrück gelandet. Am Tag der Arbeit werde ich auch meinen 44. Geburtstag feiern. Ich bin Schlagzeuger und in mehreren Bands aktiv. Grob gesagt mach ich halt was mit Musik.

Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?
Ich habe einen fünf Jahre älteren Bruder. Als der Teenager war, hat der immer Punk, Hardcore und Metal gehört. Im Briefkasten lagen auch immer regelmäßig Zeitschriften, die was mit Musik zu tun hatten. Ich wusste nicht, dass die Fanzines hießen. Ich fand es einfach mega spannend. Alleine die Cover vom Ox oder Zap fand ich genial und wusste indirekt, dass ich es gut finde und es lesen möchte. Es ging also mit der Nr. 9 los. Damals lagen noch die 7“s mit dabei. Ich war sofort verliebt in SFA und NECRACEDIA. Was für ein Sound, Wahnsinn!

Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?
Eigentlich ging es bei mir los, als ich heimlich in das Zimmer meines Bruders geschlichen bin, wenn der nicht im Haus war. Das war natürlich strengstens verboten. Ich war in etwa neun und ich hörte aus seinem Zimmer immer einen Song, der in Dauerschleife lief. Auch auf Nachfragen wollte er mir nie sagen, wer das war und ob ich auch mal was mithören dürfte. Der kleine Bruder war dann doch zu nervig für ihn. Wenn er also nicht da war, musste ich mich heimlich durch seine Vinyl-, Tape- und CD-Sammlung hören, um endlich rauszufinden, welche Band und welcher Song das war, den ich total geil fand und unbedingt wissen musste. Es waren METALLICA und der Song war „One“. Damals waren meine Favoriten außerdem SUICIDAL TENDENCIES, ANGRY SAMOANS, YOUTH OF TODAY und INSTED. Jetzt sind es die RAMONES, REIGNING SOUND, POISON IDEA und viele, viele KBD-Punk-Sachen.

Was denkst du, warum bist du dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur bis jetzt treu geblieben? Was bedeutet sie dir heute?
Ich war mit neun Jahren von der Ästhetik und der Musik und den Aussagen begeistert. Vieles habe ich aber erst viele Jahre später kapiert. Aber es fiel in den folgenden Jahren für mich vieles zusammen. Nach dem Mauerfall ging kurze Zeit später dieser eklige Rechtsruck durch die Gesellschaft und ich las mir immer alle Texte durch und politisierte mich durch SLIME, DEAD KENNEDYS und CRASS. Das war ein totaler Impuls. Dann halt Fanzines und in Platten in den Gruß- und Dankeslisten nach anderen Bands suchen und sich die im Plattenladen anhören. Ich habe seitdem immer Fanzines gelesen und später dann auch selbst gekauft und vom Taschengeld noch Platten und CDs und Tapes. Es ist dieser DIY-Spirit und dass Punk „Support“ und nicht „Competition“ bedeutet. Das finde ich immer noch total wichtig und ist die Essenz. Ich liebe die Musik immer noch und spiele in Punkrock-Bands, seit ich zehn Jahre alt bin. Also jetzt gut 34 Jahre ohne Unterbrechung. Ich werde immer dabei bleiben, wie es aussieht. Ich mache immer noch Fanzines, das Monkey Business, veranstalte seit über 25 Jahren Konzerte, spiele seit über 30 Jahren in Bands, aktuell BURGER WEEKENDS, RAZOR SMILEZ, und habe während Corona mein altes Tapelabel wieder reaktiviert.

Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.
Tatsächlich würde mir sehr viel an Infos und guten Interviews fehlen, wenn es das Ox nicht mehr geben würde. Lange fand ich euer Fanzine zu unpolitisch und zu unkritisch in Kolumnen und Interviews. Aber das hat sich echt gut entwickelt. Erst recht in den letzten sieben oder acht Jahren, wie ich finde. Dass es euch alle zwei Monate gibt, finde ich super.

Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?
Als Erstes Toms Kolumne und dann den Comic von Michalke. Fanzines und Tapes und 7“s dann direkt danach. Dann halt kreuz und quer durchs ganze Heft. Am Ende bleiben eigentlich nur noch die DVDs.

Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?
Eigentlich genauso. In erster Linie viel Punk, so 77er-Punk, KBD und Pop-Punk am meisten. Dann so klassischer US-Punk, Texas, Portland, Midwest. Halt altes geiles Zeug. Hardcore nur, wenn es alte Schule ist, an der Grenze zum Punk oder Oi!, wenn es sich geil vermischt. Metalcore ist die mit Abstand schlimmste Musikrichtung, die es gibt. Das ist ganz, ganz schlimm. Bitte nur im öden Fuze thematisieren.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?
Direkt jetzt nicht. Ich war ein paar mal auf dem OxFest, was immer wieder ein Highlight ist. Nicht wegen den Bands – wobei das Line-up vom letzten Jahr das beste überhaupt war! –, sondern der Menschen wegen, die man dort erstmalig oder teilweise seit Jahrzehnten trifft und wiedertrifft.

Was findest du gut am Ox?
Ich mochte schon immer den großen Stamm an Schreiber:innen. Die bringen viel Abwechslung und Wissen mit, was gerade in den Interviews sehr positiv ist. Dass die kleinen Anzeigen bezahlbar sind, finde ich top. Die Mischung an Themen und Bands und Styles mag ich. Gerne so weiter machen.

... und was sollten wir endlich mal ändern – abgesehen von der kleinen Schrift?
Spontan fällt mir nicht viel ein. Eventuell – noch – kritischer werden in Interviews mit einigen Bands und Meinungen. Ich komme mit der Schriftgröße gerade noch so klar, haha! Also passt alles soweit.

Und was wolltest du uns schon immer mal sagen?
Bitte macht so weiter und supportet immer diese manchmal nervige, aber für mich persönlich immer noch beste Szene so gut es geht mit eurem Heft. Nur durch unabhängige Fanzines kann sich die Szene vernünftig äußern und streiten und wachsen und auf vieles Wichtige hinweisen und unterstützen.