AKNE KID JOE

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Die Band mit Antifa-Tarifvertrag

Die Nürnberger Punkband AKNE KID JOE hat mit „Die große Palmöllüge“ hat gerade ihr zweites Album über Kidnap Records veröffentlicht. Matthias von AKNE KID JOE hatte 2016 Bock auf eine Band, in der er seine eigenen Ideen umsetzen konnte. Mit Schlagzeuger Sven, Peter an den Synthies und Sarah an der Gitarre waren schnell willige Mitstreiter gefunden. Der fünfte Jahrestag seiner Nürnberger Kneipe Arsch & Friedrich im April 2017 bot sich an, um das erste Konzert zu spielen. Würde das schieflaufen, sollte die Band gleich danach aufgelöst werden. Doch die Feuerprobe verlief gut und seitdem geht es für AKNE KID JOE steil nach oben. Lediglich Schlagzeuger Sven wurde Anfang 2019 durch Alex abgelöst. Wir sprachen mit Sängerin und Gitarristin Sarah und Sänger und Gitarrist Matthias.

Der erste Song der neuen Platte ist „Sarah (Frau auch in ner Band)“. Sarah, du wünschst dir eine Welt, in der es egal ist, was du bist. Wann redet man über solche Themen und wann ist man dann einfach die Frau in der Band?

Sarah:
Ich stecke hier schon die ganze Zeit in einem Dilemma. Mir ist es total wichtig, dass sich da was ändert, aber andersrum habe ich auch keinen Bock, darüber zu reden, dass ich eine Frau bin und somit was Exotisches. Das sind die zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen. Manchmal finde ich den Song voll gut und manchmal denke ich mir, dass wir den wohl besser doch nicht gemacht hätten. Aber zumindest habe ich jetzt in diesen Strophen einmal alles gesagt, was ich zu diesem Thema zu sagen habe, und deshalb ist es auch cool, so eine Meinung dann auf der Platte transportieren zu können. Die Reaktionen auf das Video und den Song kann ich noch gar nicht einschätzen. Abgesehen von den sehr, sehr vielen Rückmeldungen, die ich sowieso schon bekomme, könnte es sein, dass dieser Song das noch fördert.

Hattest du selbst eine weibliche Person, die dich inspiriert hat?

Sarah:
Ich habe schon weibliche musikalische Vorbilder. Aber vor kurzem sollte ich meine zehn Lieblingsplatten aufschreiben und da fiel mir auf, dass es bei acht von zehn Alben nur komplette Männerbands waren. Früher war die Szene ja noch stärker männlich dominiert, da hat sich also schon was getan. Mir selbst wurde es bewusster, da ich mit Ende zwanzig erst in meine erste Band AKNE KID JOE eingetreten bin. Obwohl ich schon, seit ich 15 war, in den Kreisen abhing und selbst Konzerte veranstaltet habe. Also ist sogar mir, der das Thema schon immer bewusst war, nicht die Idee gekommen, selbst in einer Band zu spielen. Es hat echt Matthias gebraucht, der mich gefragt hat, ob ich mitspielen will. Von alleine wäre mir das nicht eingefallen. Gitarrespielen und singen, das konnte ich ja alles nicht.

Gerade bei großen Festivals werden seit einigen Jahren Gegenüberstellungen öffentlich gemacht, um auf das Ungleichgewicht der Geschlechter aufmerksam zu machen.

Sarah:
Ja, aber die Festivals, um die es da meistens geht, sind nicht nur scheiße, weil da keine Frauen spielen, sondern auch aus ganz anderen Gründen. Darüber rege ich mich schon gar nicht mehr auf. Wenn es in unserer Punkerszene wieder rückläufig wäre, das würde mich eher nerven.

Und für dich, Matthias, war das Geschlecht kein Thema, als du Sarah gefragt hast?

Matthias:
Nee. Sarah war schon jahrelang meine beste Freundin und von daher war das klar, dass ich sie frage, ob sie mitspielen will. Am Rande bekomme ich jetzt mit, wie Frauen auf Sarah reagieren, und sehe schon die Vorbildrolle, die sie damit einnimmt. Die Relevanz der Diversität wurde mir erst klar, als ich tiefer in die Szene eingetaucht bin. Wir haben uns ja auch tausende Konzerte angeschaut, ohne uns Gedanken zu machen. Die Szene ist generell sehr homogen, es gibt auch wenig Leute mit Migrationshintergrund in der Punk-Szene. Damals habe ich mir also keine Gedanken gemacht, aber heute würde ich – beim Buchen von Konzerten – schon versuchen, für Ausgeglichenheit zu sorgen. In der Kneipe oder bei der Auswahl der WG war das schon ein Thema, aber nicht bei Bands, das kam erst in den letzten Jahren in unser Bewusstsein.

Sarah: Dann gibt es auch noch das Scheißargument, dass es keine guten Bands mit Frauen gebe. Es gibt inzwischen viele, und wenn man sich etwas Gedanken macht, würde man sie auch finden und dann sind die auch nicht unbedingt scheiße, sondern Bands, die es qualitativ draufhaben. Das Argument erscheint mir vorgeschoben, wenn man darauf Bock hat, kann man das machen. Das ist wie mit dem Huhn und dem Ei.

Im Song „Gestern Emergenza“ singt ihr: „Gestern Emergenza, jetzt bei Rock im Park“. Ein Festival, das ganz sicher für euch nicht infrage käme, oder doch?

Matthias:
Haha, nachdem Sarah gerade dazu ihren Hass abgelassen hat, hat sich das wohl erledigt. In Nürnberg versucht man, sich da ohne Ticket einzuschmuggeln, aber das ist sogar ohne Ticket scheiße, haha.

Sarah: Das Publikum ist scheiße und die Bands zu 80% auch. Klar gibt es immer mal wieder eine Band, die man sehen will. Aber schon alleine die Ticketpreise, das Geld würde ich niemals ausgeben, und es sind gefühlt immer die gleichen Bands. Das hätte bestimmt einen gewissen Unterhaltungswert, vor so einem Publikum zu spielen, wo jeder Zweite einen Jägermeister-Strohhut trägt, und es ist nicht weit, wir könnten hinlaufen. Ich schließe es aber aus, außer bei entsprechender hoher Gage, haha.

Was ist mit FEINE SAHNE FISCHFILET, wenn die da spielen?

Sarah:
Das finde ich irgendwie gut.

Matthias: Die nehmen aber auch dort eine wichtige Position ein. Bei dem krassen Abschiebungsfall hier in Nürnberg, als jemand mit aller Gewalt aus der Berufsschule abgeholt wurde, da haben die das dort angesprochen.

Sarah: Dann halten die ein solidarisches Transparent hoch, das ist schon cool. Weil auf diesem Festival ja sonst nichts Politisches gemacht wird und auf den ganzen Shirts nur die typischen, sexistischen und homophoben Scheißsprüche stehen. Leute werden nach ihrem Aussehen bewertet. Deshalb ist es schon geil, wenn so eine Band dann Statements gegen Nazis und für Seenotrettung ablässt. Gut, dass die das machen, aber auch gut, dass wir es nicht machen.

Mit „What AfD thinks we do ...“ habt ihr euch auch klar positioniert.

Matthias:
Aber nur, weil es gerade gut ankommt, haha.

Bei dem Intro des Songs ist gar nicht so krass, was Stephan Brandner von der AfD über sagt – er behauptete, Menschen würden für die Teilnahme an Antifa-Demos bezahlt –, sondern wie er sich ausdrückt. Es erscheint rhetorisch überlegt und er glaubt daran.

Sarah:
Das denke ich eben nicht. Der weiß, dass es nicht so ist, aber dass es für ihn gut ist, wenn er es so verbreitet.

Auf jeden Fall. Ich meinte, dass er daran glaubt, dass sein Vortrag überzeugend und effektiv ist, so wie er ihn formuliert hat. Das war nicht spontan geplappert.

Matthias:
Das ist ja auch nicht der Provinzvollidiot aus dem Hinterland, sondern der ist Bundestagsabgeordneter und war mal Leiter des Rechtsausschusses. Eine Reaktion auf das Video zu unserem Song „What AfD thinks we do ...“ war, dass wir auf einem rechten Blog veröffentlicht wurden und die Leute, die den Blog betreiben, die haben auch die Ironie von Song und Video gecheckt. Aber um Stimmung zu machen, haben sie es als Tatsache dargestellt, so von wegen „Erschreckende Einblicke ins linksextreme Terrorcamp“.

Sarah: Es wird komplett beschrieben, was in dem Video passiert, als ob es eine Tatsache wäre, auch um die Leser zu bestätigen.

Hat man bei so einer Aktion Angst?

Sarah:
Wir haben uns alle beim Selbstverteidigungskurs angemeldet, haha. Nee, natürlich macht man sich Gedanken. Aber es war uns wichtig, diese Kackpartei zu benennen und nicht herumzueieren. Mit so einem Song wird man nichts verändern, aber es ist wichtig, dieser Partei bei jeder Gelegenheit ans Bein zu pissen. Mit Trollen muss man rechnen und leben. Je nachdem, wer die Oberhand gewinnt, kann sich dann aber auch der Blick auf den Song ändern, aber die positiven Reaktionen sind deutlich in der Überzahl. Und es fiel total auf, dass die Hater sich nicht damit auseinandergesetzt haben. Das waren Scheißkommentare, wie sie unter jedem anderen Video auch stehen.

Matthias: Mit unserer Kneipe haben wir damals schon einen Umgang mit solchen Leuten gelernt und unsere Erfahrungen gemacht. Da war die Bedrohung konkreter, mit dem anonymen Mob im Internet ist das etwas anderes. Die Kommentare wurden teilweise gelöscht und nicht von uns, von daher waren die schon krass, das ging in Richtung Lynchjustiz.

Durch die Satire ist der Song angreifbarer als zum Beispiel einer von TURBOSTAAT.

Sarah:
Wir können aber nicht so gute Texte schreiben wie die, haha.

Bei „Ich vs. mich vs. euch“ ist es euch gelungen. Der Song packt einen auf einer anderen, emotionalen Ebene – musikalisch und textlich. Da kommt kein Joke. Kostete es Überwindung, die Ironie fallen zu lassen?

Matthias:
Als wir den Song unserem Keyboarder Peter vorgespielt haben, hat mich seine Freundin hinterher gefragt, ob es mir gut geht, haha.

Sarah: Auf jeden Fall kostete das Überwindung und in der Bandprobe wird heiß diskutiert, ob wir den spielen sollen oder nicht. Vielleicht ist es eher ein Stück, das man sich nur auf der Platte anhören kann.

„Pizza Neapolitana“ ist auch nur halbironisch. Also einer von euch hat den Pärchenvorwurf von wegen zu wenig „Quality time“ wirklich schon gehört, oder?

Matthias:
Der Text ist 100% real, haha. Das war mein Italienurlaub letztes Jahr. Aber der hat schon Witz, auch wenn er ernst ist. Kein Herzschmerzliebeslied. So Songs hatten wir ja schon vorher, gut verpackter Ernst. Man hat sich auf Tiramisu und Pizza gefreut und dann geht alles schief. Aber „Ich vs. mich vs. euch“ ist schon am ehesten so ein Psycho-Abfuck.

Sarah: Wir stellen uns immer „Entscheide dich oder du stirbst“-Fragen und eine war mal, ob man lieber ein Jahr lang ein „Free hugs“- oder ein „Love yourself“-Shirt anzieht. Ich würde keines anziehen und lieber sterben, haha.

Matthias: Aber der Song „Unsere Kneipe“ fängt auch damit an, dass das Leben nix zu bieten hat, außer den Köpper in den Suff. Der ist eigentlich auch traurig und dann kommt erst der Schnitt mit „Wochenende, saufen und Nazis auf die Fresse hauen“, haha.

Welche Typen hattet ihr beim Song „Steppenwolf“ im Kopf? Stichwort: Kneipe und seit dreißig Jahren da abhängen?

Sarah:
Ja, so Typen kennt jeder. Menschen, bei denen man das Gefühl hat, die haben den Absprung verpasst. Ich habe kein Problem mit Menschen, die älter sind als ich, aber manche wollen ums Verrecken nicht zugeben, dass sie alt sind, und führen sich auf wie zwanzig. Das ist schon anstrengend.

Matthias: Der Song richtet sich an die Variante Altpunk, der bis zu einem gewissen Alter voll in der Szene drin war, aber den Wandel in der Szene leugnet. Wenn es bei Veranstaltungen aus gutem Grund ein Awareness-Team gibt und dann so Typen da sind, die nur sagen, dass es das aber früher nicht gegeben hat, und brüllen, dass die sich alle bei der Bierdusche mal nicht so anstellen sollen. War ja früher auch cool, haha. So Typen hatte ich im Kopf. Jemand, der sich noch so als letzten Vertreter des wahren Punk sieht, aber am Ende die arme Sau ist.

Sarah: ... die irgendwie so übrig geblieben ist, haha.

Matthias: Es geht auch um die Typen, die mir sagen: „Leg dein Smartphone weg und genieß dein Scheißleben.“ Das nervt mich auch so. Kann ja jeder so machen, aber von solchen Leuten will ich mich eben auch nicht belehren lassen. Aber wir machen das mit der noch jüngeren Generation bestimmt auch schon, haha.

Sarah: Früher sind wir auch in den Wald gegangen und haben draußen gespielt. Jeder denkt immer, dass das, was man selbst macht, am coolsten ist. Wir haben mal in einem Club gespielt, da haben dann an einem Abend drei Bands mit jeweils einer Frau gespielt. Da waren die Altpunker auch voll aus dem Häuschen und reden sicher heute noch darüber, über den einen Abend, was da los war.

Matthias: Und solche Personen tun mir auch irgendwie leid. Denn die Assoziation mit dem Dschungelcamp spielt ja darauf an, dass es auch im normalen Leben abgehalfterte Leute gibt, über die sich andere lustig machen, und so will ich eigentlich nicht enden.

Bei dem Song „Dagmar Woehrl“ musste ich auch erst mal nachschauen, wer die überhaupt ist.

Sarah:
Die kommt aus Nürnberg und ist CDU-Politikerin. Hier gibt es ein Modehaus, das ihrem Bruder oder Mann gehört, deshalb heißt der Song so.

Matthias: Weihnachten 2018 war das der erste Song für das neue Album „Die große Palmöllüge“. Als ich zu meinen Eltern ins Allgäu gefahren bin, habe ich von der tollen Woehrl-Spendenaktion gehört. Am 24.12. spendete diese tolle Firma nämlich 1% des Gesamtumsatzes, haha, für einen guten Zweck. Es wurde Werbung gemacht, dass man bitte noch mehr kaufen soll an diesem Tag, weil es ja diese tolle Charity-Aktion gibt. Ich habe gedacht, ich spinne. 1%, was ist das für ein Witz? Ich bin sofort an die nächste Raststätte gefahren und habe den Song geschrieben. Als ich es dann daheim meinen Eltern erzählt habe, meinte meine Mutter, es sei ja wohl besser als nix. Es ist sicher nicht wenig, wenn sie vom Tagesumsatz 1% spenden, aber eben nur der Tropfen auf den heißen Stein. Und sich dann noch den Charity-Hut aufzusetzen und einen auf geile Weihnachtsaktion zu machen, haha.

Sarah: Und durch die Motivation, an diesem Tag besonders viel zu kaufen, haben sie ja noch mehr Umsatz. Da braucht man nicht darüber zu reden, dass es eher eine Scheißaktion ist.

Bei diesen Sonderangebotsprospekten kriege ich sowieso immer Hass, seid ihr dagegen immun?

Sarah:
Natürlich nicht, aber ich entwickle eine Abneigung, sobald etwas offensiv beworben wird. Da kann ja wohl etwas nicht stimmen, wenn die extra Geld in eine Kampagne investieren. Das machen die doch nur, wenn es sich am Ende lohnt. Aber ich bin auch anfällig bei neuen, niedrigeren Preisen. Wer sagt da schon: „Ich komme morgen wieder, wenn es dann normal kostet“.

Matthias: Und für manche Familien ist es auch manchmal die einzige Möglichkeit, sich gewisse Dinge zu kaufen. Ist schon klar, dass die keinen Dienst am Menschen tun wollen. Ich unterstelle der Firma, dass sie mehr spenden könnten und es auch noch verkraften würden. Deshalb klingt 1% schon fast verhöhnend

Sarah: Leute, die das in Anspruch nehmen, sollte man auch nicht kritisieren. Aber es sollte klar sein, dass es um Gewinnmaximierung geht und nicht darum, freundlich zu den Kunden zu sein. Deshalb gilt das Angebot auch nur für einen Tag.

An wen genau richtet sich der Song „Schäm dich!“, an die Steigbügelhalter?

Matthias:
Eigentlich sind es drei Kapitel, es war uns ein Anliegen, auch mal einen klaren Song gegen Beamte zu schreiben. Die erste Strophe richtet sich an die Polizei, die zweite an einen Mitarbeiter von einer Abschiebebehörde und die dritte an jemanden, der in der Waffenindustrie beschäftigt ist. Wir stellen allen die Frage, ob sie sich aufgrund ihres Tätigkeitsprofil nicht lieber schämen sollten. Der Appell an die Polizisten lautet schon, dass sie Angst und Schrecken verbreiten und für Mobbing und Prügel Geld kassieren. Der Mitarbeiter in der Abschiebebehörde ist schon eher der Steigbügelhalter, der sich mal fragen sollte, ob sein Schreibtisch nicht der Tatort ist. Er holt die Familie nicht ab und setzt sie in den Flieger, aber er ist derjenige, der den Abschiebebescheid durchwinkt und die Umsetzung anordnet. Die Mitarbeiter in der Rüstungsindustrie sind auch nicht die, die letztendlich im Kriegsgebiet mit der deutschen Waffe auf den Zivilisten feuern.

Sarah: Wobei die Polizei auch indirektes Leid verursacht. Ein einzelner Polizeibeamter macht einfach, was ihm gesagt wird, und er trifft auch keine freien Entscheidungen. Alle drei Gruppen zeigen, dass es nicht nur die böse Bundeskanzlerin oder den Bundestag, der die Gesetze verabschiedet, gibt. Es gibt ganz viele Menschen, an ganz verschiedenen Orten und Stellen, die dazu beitragen, dass dieses System gestützt wird. Alles kleine Rädchen, und man darf nicht vergessen, dass es nicht nur die da oben sind. Wenn die Leute an diesen Stellen sagen würden, dass sie den Scheiß nicht mitmachen, dann würde es vielleicht auch anders aussehen. Es ist krass, dass Leute auf dem Amt teilweise die gleiche Ausbildung haben, und dann komme manche ins Einwohnermeldeamt oder zur Führerscheinstelle und andere entscheiden in der Ausländerbehörde, wer bleiben darf und wer nicht. Da klebt schon Blut an den Fingern. Ich könnte da nie arbeiten und finde es so krass, dass manche es schaffen, da einfach nur ein Stück Papier zu sehen und ausblenden können, welche Schicksale dahinterstecken.

Matthias: Wenn man die Person ist, die den Stempel draufhaut, dann macht man danach Feierabend und den eigentlichen Akt, den kriegt man ja gar nicht mehr mit. Und die ausführenden Organe, die berufen sich dann stur auf denjenigen, der den Stempel gegeben hat. Ist ja nur mein Job und so, deshalb nervt mich die Diskussion über Polizisten. Natürlich ist es stumpf zu sagen, dass jeder von denen ein Arschloch ist. Das stimmt sicher nicht, aber darum geht es auch gar nicht. Sicher haben einige von denen das Herz am rechten Fleck ...

Sarah: ... am rechten Fleck, haha.

Matthias: ... aber die werden eben im Zweifelsfall für solche Sachen eingesetzt. Wenn man den Beruf des Polizisten ergreift, dann verschreibt man sich einem System, das nicht nur darauf ausgelegt ist, mal eine Katze von einem Baum herunterzuholen oder einen Mörder zu stellen. Man arbeitet Sachen ab, die nach meinen moralischen Grundsätzen nicht vertretbar sind.