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LOVE A

Meisenstaat

Lange fünf Jahre sind seit „Nichts ist neu“ vergangen, dem vierten Album von LOVE A, deren Herkunftsangabe Trier eher historischen als aktuellen Hintergrund hat. Da wurden sie gegründet, da proben sie, da nehmen sie im Studio von Schlagzeuger Karl auf. Aber Stefan ist lange schon in Köln, und Sänger Jörkk (geht dieses Doppel-K eigentlich auf sein einstiges Ox-Autorenpseudonym Karl-Heinz-Kreidler zurück ...?) exilierte sich nach Hamburg. Aber Trier, popkulturell halb vergessen links außen im tiefsten Westen gelegen, ist eben das Kreativcenter der Band, die wie so viele andere mit den Pandemieauswirkungen geschlagen war und außerdem nie das war, was andere Bands sind, aber ungern zugeben: ambitioniert. Seltsam eigentlich, denn mit dem 2017er Album hatten LOVE A sowas wie den Durchbruch geschafft, schauten sich alte Freund:innen der Band und diese selbst sich verwundert an, wenn mal wieder über 500 Leute zu einem Konzert gekommen waren: Wie konnte das passieren? Gute Frage, Versuch einer Antwort: LOVE A haben über die Jahre einen ganz eigenen Sound entwickelt, der eben nichts mit dem weit verbreiteten deutschsprachigen Befindlichkeitsrock mit der Tiefe einer Pfütze zu tun hat. Musikalisch sirren die Achtziger-Wavegitarren und dröhnen die Wummerbässe, wobei hier weniger zitiert als eher auf etwas angespielt wird – Postpunk sind IDLES, LOVE A sind ... noch Punk? Beachtlich jedenfalls, was Karl als der Steve Albini der Band in Trier noch vor Corona aufzunehmen begann, was dann in den hellen Momenten der Pandemie fertig gestellt und letztlich vom alten Bandverbündeten Robert Whiteley klanglich perfektioniert wurde. An vielen Bands habe ich zu kritisieren, dass ihre Alben als Ganzes funktionieren, aber spätestens live zutage tritt, woran es hapert: Ich höre keinen Hit! Das heißt: Hier schon! „Frag nicht“, der Opener, ist genau so einer. Und dann „Will und kann nicht mehr“, bester Song des Albums, mit einem Text, der irgendwie anders wirkt als er entstanden ist – die neue Hymne all jener kurz vor dem Burnout? „Genau genommen gut genug“ fängt wie „Temple of love“ an und frisst sich ebenfalls fest, ebenso das dramatische „Klimawandel“, der Social Media-Verdruss-Song „Analog ist besser“ passt ganz ohne Kalkül bestens in die Zeit und ist ein genau so schönes popkulturelles Zitat wie der Albumtitel – wer nicht an KNOCHENFABRIK denkt, hat seine Hausaufgaben nicnt gemacht. „Alles ist einfach“ – auch noch so ein Hängenbleiber. Eine extrem gute Quote bei elf Songs, die leider unter dem Makel leiden, bis zum Frühjahr 2023 weitgehend unaufgeführt zu bleiben: So wichtig ist die Band keinem der vier, dass man ihr das Privatleben unterordnen würde. Sehr sympathisch, wenn auch sehr unbefriedigend, wenn man als Fan so hungrig zurück bleiben muss nach diesem genialen Album.