LOVE A

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Blind-Date mit ...

Anfang März 2020, kurz vor dem Lockdown, trafen wir die Punkband LOVE A vor ihrem Konzert backstage in der ausverkauften Oetinger Villa in Darmstadt. Hätten wir gewusst, dass das das letzte Treffen für eine lange Zeit sein würde, hätten wir wohl doch noch den Eierlikör leer gemacht. Jörkk Mechenbier stieß aufgrund einer Zugverspätung etwas später dazu. Aber Drummer Karl, Bassist Dominik und Gitarrist Stefan schlugen sich auch ohne ihren Sänger wacker.

MÜLHEIM ASOZIAL „Yuppieschweine“

Dominik: MÜLHEIM ASOZIAL! Finde ich geil. Da war ich letztes Jahr in Trier auf einem Konzert und das gehört 2019 zu meinen besoffensten Abenden. Live sind die großartig!

Wie ist eure Meinung zu Intros generell?
Dominik: Eigentlich haben eher Metalbands die guten Intros. Vorhin, auf der Fahrt hierher, haben wir ENTOMBED gehört, auch mit einem guten Intro, der Song fällt mir jetzt nicht ein.
Karl: Mir gefallen die am besten, bei denen einfach nur ein Pulsschlag oder so Geräusche zu hören ist. Die besten Intros im deutschsprachigen Raum kommen aber auf jeden Fall von HAMMERHEAD.

Gibt es auf eurem fünften Album also ein Intro?
Dominik: Ja, wahrscheinlich ein heftiges Metal-Intro, kann man schon so sagen, haha.
Stefan: Wir haben das mit LOVE A tatsächlich schon öfter mal diskutiert, aber das ist irgendwie so Neunziger, und die Idee wurde dann doch immer wieder verworfen. Und letztlich waren auch alle zu faul, was rauszusuchen, daran ist es wohl gescheitert. Aber Ausschnitte aus Filmen finde ich grundsätzlich auch gut.
Karl: Jörkk hat uns gerade aus dem Zug eine Sprachnachricht zum Thema kaputter Scheibenwischer geschickt, die könnte man auch als Intro nehmen, haha.

DIE ÄRZTE „Radio Rap“
Karl: DIE ÄRZTE. Als das eben anfing, wollte ich sofort mitsingen, habe mich aber nicht getraut. Ich hatte mal eine Kassette von DIE TOTEN HOSEN. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann immer für DIE ÄRZTE.
Dominik: Als ich 14 war, lief „Ein kleines bisschen Horrorschau“ bei mir rauf und runter. Die fand ich super, kann damit aber heute nichts mehr anfangen. Sind aber bestimmt dufte Typen, haha.

Den Reim „Wir sind Schlagerfuzzis und keine Neger / Doch rappen kann ein Förster und auch ein Jäger“ hatte ich so gar nicht in Erinnerung.
Karl: Hä, ich auch nicht. Okay, wir distanzieren uns davon und sagen sofort, dass DIE TOTEN HOSEN cooler sind.
Dominik: Ganz genau. Die haben zumindest gar keine rassistischen Aussetzer, hehe.

Sind die Größe und die Art der Vermarktung bei diesen beiden Bands cool?
Dominik: Wenn wir so viel Asche damit machen würden wie DIE ÄRZTE, dann würde ich auch singen „Ene mene mopel, ich fress Popel“.
Es heißt „Wer frisst Popel“, aber gut zu wissen. Danke für die Info.
Dominik: Haha, ach so. Trotzdem, für die Gage der ÄRZTE, da würde ich auch Popel essen.

KOTZREIZ „Nüchtern unerträglich“
Karl: Boah, aber auch mit Alkohol unerträglich ...

Das sind KOTZREIZ. Der Drummer spielte ja bei JENNIFER ROSTOCK, also ansprechende Größe, und KOTZREIZ gelten wiederum als siffige Punkband. Das Beste aus beiden Welten?
Dominik: Ich fand ja „Hengstin“ von JENNIFER ROSTOCK voll den Hit.

Echt?
Dominik: Nein.
Karl: Wenn ich noch 14 wäre, dann würden mich KOTZREIZ eventuell interessieren.
Stefan: Vom Sound her ist das ganz aktuell. Aber das ist ja gewollt, in diese Kerbe zu schlagen.
Dominik: Live ist das unterhaltsam, da fand ich das witzig.
Karl: Da warst du aber sicher auch nicht nüchtern. Ist das eigentlich ironisch gemeint? Juhu, wir machen jetzt Saufpunk?

FONTAINES D.C. „Sha sha sha“
Stefan: Das sind FONTAINES D.C., habe ich eine Zeitlang mal immer im Büro gehört, aber irgendwie wurde es dann doch langweilig.

Darf man THE CLASH so dreist nachmachen?
Stefan: Jaaaaa ...

Über dein Gitarrenspiel habe ich schon öfter mal den Vergleich mit Paul Maar von THE SMITHS gelesen, wie fühlt man sich da?
Stefan: Schlecht ist es nicht. Es bedeutet wohl, dass sich da der Journalist Gedanken über den Song gemacht hat. Aber ist Johnny Marr nicht noch vor der Auflösung der Band ausgestiegen?

Quatsch, ich meine natürlich Johnny Marr. Paul Maar ist der Kinderbuchautor, der über das Sams geschrieben hat.
Dominik: Haha, ja, so spielt Stefan wohl eher Gitarre, wie der Kinderbuchautor. Aber ernsthaft, man kann ja viel über uns sagen, aber wir sind zumindest netter als Morrissey.

Welche Bands der aktuellen Post-Punk-Welle aus Großbritannien gefallen euch?
Dominik: IDLES mag ich, und über FONTAINES D.C. sagt man ja, das wären die besseren IDLES. Aber ich finde beide gut, und THE MURDER CAPITAL sind auch gut.
Karl: Die finde ich besser. IDLES finde ich komplett prollig, der Gesang gefällt mir auch nicht so.
Dominik: Glaube ich gar nicht, dass die prollig sind. Live sind die sowieso super. Das ist wohl eher ein Kokettieren damit. Der Sänger macht sehr schlaue Ansagen, während er auf den Boden spuckt, haha. Von SHAME fand ich die Platte stark, ich glaube aber gelesen zu haben, dass die das Israel-Boykott-Ding unterschrieben haben, und da hatte ich dann auch kein Bock mehr [schaut online nach]. Ja, haben sie tatsächlich unterschrieben und da muss man schon mal ganz ernst sagen: Shame on you, SHAME!

VOODOO JÜRGENS „Kumma ned“
Jörkk: Großartig, der Nick Cave der Schluchtenscheißer, den habe ich im Knust in Hamburg gesehen. Das sind alles Originale in der Band, bin totaler Fan von ihm und auch von AUSTROFRED. WANDA eher nicht, die hatten zwar schon einige Hits, aber das war mir von Anfang an zu stadtfestkompatibel, und selbst für mich als Austrophilen zu viel von diesem „Und jetzt alle!“
Stefan: Ich mag diesen Wiener Dialekt, kann mir da aber keine ganze Platte anhören, weil mir das zu beschwingt und irgendwie zu schunkelig ist.
Karl: Ich verstehe auch kein Wort von dem, was der sagt, haha. Aber besser als WANDA klingt es mit Sicherheit.
Dominik: Wobei ich WANDA am Anfang gut fand. Der Song „Bologna“ hat mir damals gefallen, hat mich voll abgeholt.

HUSTEN „Kirchenschiff“
Jörkk: Wenn Gisbert zu Knyphausen hier singt, dann sind es HUSTEN. Das weiß ich aber auch nur, weil die dieses Jahr auch bei dem Orange Blossom Festival spielen und eigentlich nur ein Studioprojekt sind.
Dominik: Die finde ich interessant, auch wenn es eigentlich überhaupt nicht meine Musik ist. Hören wir jetzt eigentlich HUSTEN wegen des Corona-Virus?

Nee, die Überleitung ist eher Moses Schneider als Produzent und auch die Frage, welchen Anspruch LOVE A ...
Jörkk: Haha. Ja, genau Anspruch. Hallo, die lassen mich mitmachen!?

... an ihre Musik haben und wie ein Produzent da behilflich sein kann.
Karl: Wir nehmen immer mit Robert Whiteley auf. Seit drei Platten spielen wir unsere Songs komplett durch und dabei nehmen wir die dann auf. Dann geht es damit erst mal ab in die Schublade, und dann kommt Robert dazu und wir versuchen, etwas daran zu verbessern. Er macht uns viele Vorschläge. Oft sagen wir dazu nein und ganz selten mal ja. Mittlerweile können wir ihm auch vieles vorwegnehmen, weil wir wissen, was er sagen wird. Er kümmert sich eher um den Sound und weniger um das Songwriting.
Stefan: Dem ist es auch total egal, ob er den Song mag, er hört das eher aus der reinen Produktionssicht. Und er versteht uns auch als die Chaoten, die wir letztendlich sind. Wir hätten schon Hemmungen zu sagen, dass wir das mit Moses Schneider machen würden. Das würde gar nicht funktionieren.
Jörkk: Haha, es wäre auch extrem peinlich, wenn wir uns dann bei der fünften Platte noch so dumm anstellen. Nee, da braucht man schon einen anderen Anspruch an die Sache.
Stefan: Nicht dass wir keinen Anspruch hätten, aber die Ambitionen, den nächsten Schritt nach oben zu machen, die haben wir nicht so sehr.

SLAYER „Can’t stand you“
[Ratlose Gesichter. Wir hören fast den kompletten Song.]

Das ist von dem Album „Undisputed Attitude“, da haben SLAYER Punk-Songs gecovert und mit „Can’t stand you“ auch einen eigenen, neuen Song geschrieben.
Karl: Echt? Hätte ich nie erkannt, aber jetzt, wo du es sagst ... Klar, die Stimme des Sängers erkennt man eigentlich sofort.

Wie sieht es aus mit klassischen Thrash-Metal-Bands, könnt ihr damit etwas anfangen?
Stefan: Bei solchen Bands sind die alten Sachen immer super, und dann weiß man irgendwann auch einfach, was man bekommt. Also ohne das jetzt abzuwerten oder so, aber es klingt schon immer gleich.
Karl: Es spielt ja auch fast kein Originalmitglied mehr mit bei SLAYER. Aber ja, kann mal anhören.