TERRORGRUPPE

Melodien für Milliarden

Anfang 1997, ich trage mit Stolz einen 20 Zentimeter langen, giftgrünen Hahnenkamm auf dem Kopf. Die beiden ersten TERRORGRUPPE-Alben, damals bei Teenage Rebel erschienen und damit eigentlich voll im von mir seinerzeit fast ausschließlich gehörten Deutschpunk-Spektrum angesiedelt, sind soeben in der untersten Schublade des Plattenschranks verschwunden.

Warum? Klar, "Rockgiganten vs. Straßenköter", der Split mit den ÄRZTEN ist in die deutschen Top 100 eingezogen, und selbst irgendwelche OFFSPRING und GREEN DAY hörenden, turnschuhtragenden Pseudo-Punks aus meiner Klasse kennen die TERRORGRUPPE plötzlich und finden sie "total geil".

Kommerzscheiße also. Schade, denn ich fand, dass die Musik seinerzeit schon mit das Beste war, was im deutschsprachigen Punk irgendwie angenehm hörbar und trotzdem auch für den Kassettenrekorder vorm Rathaus kredibel war.

Aber Prinzipien sind nun mal Prinzipien. Schnitt. Anfang 2008, mittlerweile bin ich zum genetischen Zwangs-Skinhead verflucht, trage Turnschuhe und hab sogar Platten von OFFSPRING, GREEN DAY und (natürlich) so ziemlich alles von den ÄRZTEN im Schrank.

Brav alphabetisch einsortiert und in keiner Schublade versteckt. Und auch die TERRORGRUPPE steht mit fast allen ihren Werken dazwischen. Natürlich auch die beiden jetzt wiederveröffentlichten Alben, von denen ich mir "Melodien für Milliarden" vor ein paar Jahren noch auf irgendeinem Trödelmarkt neu zulegen musste, da mir bei der Vorbereitung zu einem Interview mit Johnny Bottrop aufgefallen war, dass sie irgendwann Kollateralschaden einer guten Party geworden ist.

Aber warum gibt es die beiden CDs - die meiner Meinung nach direkt mehrere der Deutschpunk-Klassiker der 90er-Jahre enthalten ("Tresenlied", "Wochenendticket", "Gestorben auf dem Weg zur Arbeit", "Keine Airbags (für die CSU)", "Kinderwahnsinn" oder "Hallo Nachbar", um nur einige zu nennen) - nun, über zwei Jahre nach der Auflösung der TERRORGRUPPE, plötzlich in einer Neuauflage? Ganz einfach: der Vertrag mit dem damaligen Label ist ausgelaufen und die Berliner haben wieder sämtliche Rechte zurück - da lässt man es sich natürlich nicht nehmen, ganz im Sinne des mittlerweile von allen ehemaligen Bandmitgliedern exzessiv praktizierten D.I.Y.

auf eigene Kappe eine Wiederveröffentlichung einzustielen. Prinzipien sind nun mal Prinzipien.