DIE STIMME DER VERNUNFT

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Quarantäne, mostly

162. Woche – Quarantäne, mostly
- C19. Als Zuspätkommer für die schlimmen Verläufe bin ich privilegiert, dass mir weder Rüsselsinne noch Langzeitfolgen zuteil werden. Ich bin so sehr privilegiert, dass ich bereits nach sieben Tagen quengelig werde, weil es immer noch nicht vorbei ist.
- Lieber ein Leben auf der Überholspur als eines auf dem Standstreifen. (Juan Manuel Fangio-Packung)
- In aller Freundschaft. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du mit einer Glutenallergie irgendwo im Mittelalter landest, ehrlich.
- Useless Gimmicks. Die kleine Hitparade der nutzlosesten Plattenbeilagen, die wirklich nie jemand verwendet, weil es dann nicht mehr MIB (Mint In Box) und vollständig ist. Hat alles null mit der Musik zu tun, steht nur rum, weil die Box automatisch mehr Platz wegnimmt, und ist derart nutzloser Kokolores, dass man dafür eine Unmenge an Geld – unter Freunden – nehmen muss, weil Lagerplatz einfach kostet:
1. Full-Scale-30 x 30 Sticker (nicht wetterfest) – Wo klebst du den hin?
2. Papp-Guitar-Picks – Danke, METALLICA
3. Die T-Shirt-Beilage in XS – One size fits all
4. Die zusammensteckbare Zahnbürste – Danke, liebe TERRORGRUPPE
5. Der LP-Präsentieraufsteller aus Plastik
6. Sechs Gummidildos, Handschellen und Gleitcreme – Natürlich RAMMSTEIN
7. Plastikkinderzwille – TON STEINE SCHERBEN
8. Kondome – Hatten wir wirklich mehrfach, so viel Vertrauen habe ich nicht in euch
9. Knüpfteppichcover – So langweilig wird mir nie sein, dass ich das anfange
10. Aufblasbare Gitarre oder irgendwas anderes mit Luft drin, das nach ein paar Jahren zerbröselt
11. Elektronischer Chinaschrott, der in der Sonne wackelt oder aber auf Knopfdruck lustige Sprüche klopfen kann – Lachsack 2.0
12. Bastelbögen – Hat die wirklich schon irgendjemand ausgeschnitten und zusammengebastelt?
13. Trinkgläser – Stand im Kleingedruckten, dass die Shotgläser nicht spülmaschinenfest sind

163. Woche – Halb/Halb
- Einmal Popper, immer Popper!
- Pippin der Kurze. Die einzigen Könige, die in meinen Augen wirklich legitimiert sind, haben entweder ein Schwert aus einem Stein gezogen, ebensolches von einer dahergeschwommenen Nixe aus einem schlammigen Tümpel empfangen oder aber einen Drachen getötet, der Rest ist lediglich Inzuchtgewächs.
- Altpopper. Ü50-Boomer, die heute über die Letzte Generation schimpfen, waren damals definitiv Popper.
- Nah am Original. Coverbands boomen, denn wenn man die Originale für das Dorffest oder die Möbelhauseinweihung nicht bekommen kann – meistens Terminprobleme –, tun es die Adepten mit verbriefter Hitgarantie auch. „Wir spielen garantiert nix nach den ersten vier Alben, also keinen neuen Scheiß!“ Festivals mit ausschließlich 1A-Tribute-Bands – Coverband ist ja so ein schlimmes Wort – sind keine Seltenheit, und irgendwie erfüllt man als Besucher von Auftritten gescheiterter Musiker, die immerhin noch einen Sack voll Geld mit den Kompositionen anderer verdienen können, ja auch einen sozialen Auftrag.
Acts, bei denen du im VVK besser zweimal hinsiehst:
- Ninja de Angelo
- Hubert Koslowski
- Sabine Quattro
- EXTRAWEIT
- GEIER STRUNZFLUG
- BETT SHOP BOIS
- Taylor Stiffs
- TEPPISCH MODE
- OPTIMAL
- Judo Würgens
- PLANSCHMATICS
- MENTALICA
- MENNOWEAR
- SCHLÄYER
- BLACK FLAG

164.-165. Woche – Torschlusspanik und ab dafür in den Kurzurlaub
- GBRTSTG. Ab einem gewissen „Reifegrad“ ist man schon froh, wenn sich unter den Geschenken kein Viagra oder Faltencreme befindet, nur weil jemand das ironisch oder gar ernsthaft witzig findet.
- Klopf, klopf. Das Institut für Selbstbeweihräucherung meint: Gut gemacht!
- Drama-Queen. Wenn alle deine Probleme den Vornamen Dumbo tragen, dann hast du es geschafft.
- Rücken. Es gibt nach wie vor Hotelbetten, die in französischen Foltergefängnissen zwischen 1789 und 1791 entwickelt und bis heute immer wieder perfektioniert wurden.
- Hanatarash. Japanischer Noise ist die subtile Art, mit der ein Plattenladenbesitzer seinen Gästen mitteilt, dass er jetzt doch lieber alleine wäre. Wenn das nicht hilft, dann vielleicht eine Platte aus der unkommerziellen Phase von Yoko Ono auflegen.
- Orientierungsgenies im Parkhaus. „Wo steht denn dein Auto?“ – „Nicht hier, ich hab’s in einem Parkdeck abgestellt, das ganz voll war.“

166. Woche – Englische Woche, geteilte Realität mit Kollegen und Kater
- Shut up and take my money. Dinge, die niemand wirklich braucht, die sich aber trotzdem verkaufen würden wie geschnitten-getoastetes Brot:
A. Weed Smoke Pellets: Riecht zwar wie 1A Gras, macht aber weder happy noch hat es irgendwelche Nebenwirkungen. Ideal zum Angeben, für das Nostalgiefeeling „auf gute, alte Zeiten“, den gewissen Geschmack auf dem Grillgut und für ein Gratis-Polizeiaufgebot bei jeder Gartenparty.
B. Atmungsaktives Bio-Latex: Wenn man gerne dieses Gefühl auf der Haut hat, aber schlimmer transpiriert als Svend in „Dänische Delikatessen“ und sich so leicht wundscheuert, dann ist diese garantiert atmungsaktive Biovariante die ideale Alternative, um beim Fetischclub nicht wieder an der Tür abgewiesen zu werden.
C. Ü70-E-Chopper: Sieht aus wie ein richtiger Biker-Chopper, macht Lärm wie eine rostige Harley, ist aber ein völlig ungefährliches Altershobby, das garantiert keinen Meter fährt, weil es nicht mal einen Motor besitzt. Ideal, um es ein, zwei Mal im Jahr aus der Garage zu schieben, ein bisschen daran rumzufummeln, den Chrom zu polieren und so zu tun, als wäre man immer noch eine richtig coole Socke. Springt auf Knopfdruck „an“, weil das Ding lediglich über eine ausgeklügelte Soundanlage verfügt, die weder Sprit noch handwerkliches Können benötigt, um den Nachbarn am ersten warmen Frühlingstag so richtig auf den Sack zu gehen. Sind alle wach und genervt, schiebt man das Ding einfach wieder zurück in die Garage.
- No Go. Lieder, die definitiv nicht mehr gehen (Pt. 1). Heute: Mehr oder wenig kaum verklausulierter „Sex mit Minderjährigen“ – wir arbeiten uns altersmäßig nach unten:
1. „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ – Udo Jürgens
2. „(She’s) Sexy + 17“ – STRAY CATS
3. „Sweet little sixteen“ – Chuck Berry, ROLLING STONES, THE BEATLES, TEN YEARS AFTER
4. „Und es war Sommer“ – Peter Maffay. Wir haben damals beim Mitsingen die Frau immer deutlich älter gemacht.
5. „Sweet sixteen“ – Billy Idol
6. „Christine sixteen“ – KISS
7. „Bitte lieber Staatsanwalt“ – LUSTFINGER (15)
8. „Age ain’t nothing but a number“ – R. Kelly (14/15). Der meinte das vollkommen ernst.
9. „Jailbait“ – Ted Nugent (immerhin 13!)

167. Woche – Short week long
- Bosslevel. Als Autor und als Musiker hast du es geschafft, wenn die treuen Adepten deine Bücher und Platten nur noch kaufen, um sie neben den Rest der Sammlung zu stellen, ohne sie zu lesen oder anzuhören. Sie „wissen“, dass es gut sein muss, weil es von dir kommt. Das Gottgleiche erreichst du, wenn ein Buch mit ausschließlich leeren Seiten oder eine Platte ohne eine Rille in den Bestseller-Charts landet.
- Nullsumme. Inselbegabung vs. Atlantisbegabung. Manche Menschen haben in der Tat nur eine Atlantisbegabung, vielleicht taucht sie irgendwann einmal auf, höchstwahrscheinlich bleibt sie aber für immer verschollen.
- Rakete. Was ist der Unterschied zwischen einem Projekt und einer „richtigen Band“? Und wann wird aus einem Projekt eine Band? Ein Projekt ist wie ein oder mehrere Tinder-Dates, bei denen man zuerst unbeholfen rumfummelt und sich anschließend nur zum unverbindlichen Poppen trifft. Irgendwann wird daraus manchmal eine feste Beziehung, bei der man auch mal so handfeste Dinge wie den Abwasch zusammen macht, das nennt man dann Band. Darf gerne zitiert werden.
- II?. Warum sich Mobiltelefone im alten Rom nicht durchgesetzt haben?! Schon mal versucht, damit die Polizei zu rufen oder ins Ausland zu telefonieren?
- Postmortales Persönlichkeitsrecht. Wenn man sich bei einer Beerdigung mit 14 gefragt hat, warum der Sarg zu ist. Deswegen!

168. Woche – Ich liebe 4-AT-Wochen
- Jetzt mal ehrlich. Ernsthaft gelebter Hedonismus ist verdammt harte Arbeit.
- Empörungskultur. Wenn auch die Letzten, die sich sonst zu gar nix aufraffen können, auf einmal eine fundierte „Meinung“ haben, ist meine Stimme überflüssig. Anders gesagt: Wenn alle durcheinander plappern, halte ich meine Klappe, schaue zu, dass ich irgendwo einen Cocktail auftreiben kann und erlege mir feste Bildschirmzeiten mit der Kinderschutz-App auf.
- Terminprobleme. Was macht man eigentlich, wenn der dringend benötigte Doppelgänger einmal unabkömmlich ist, weil er im Urlaub, auf einer Familienfeier oder in der Klinik für eine dringende OP weilt? Ich nehme an, dass dann erst einmal alle Termine abgesagt werden.
- Njet. Glaube nichts, bis der Kreml es dementiert hat!

169. Woche – Essiggurke!
- She’s my Ex. Es ist absolut legitim, seinen aktuellen Ehepartner als „Ex-Freundin“ oder „Ex-Freund“ vorzustellen, traut euch.
- Die silbernen Zwanziger. Willkommen im Jahrzehnt der permanenten Unzufriedenheit.
- Jetzt aber hurtig. Verschwende gefälligst deine Jugend, mit 67 ist es definitiv zu spät dafür, und wenn wir kurz mal ehrlich sind, wirkt es auch ein wenig verzweifelt.
- Senior. Die spontane Frage, wie lange ich nun schon für dieses Fanzine-Magazin aus Solingen – ehem. Heidenheim – schreibe, ließ sich mit einem klassischen Dreisatz beantworten. 126 Ausgaben, die alle zwei Monate erscheinen, macht 21 Jahre. Oh Gott, damals, als das anfing, hatte ich noch volles Haar. Zum 20. Jubiläum gab es vom Ox? Richtig, Nix! Keine goldene Uhr, keinen McDonald’s-Rabattgutschein – 20% auf alles außer Tiernahrung, nicht einmal eine Glückwunschkarte. Vielleicht kommt das ja alles noch, wenn die 25 Jahre voll sind, also in vier Jahren. 24 Ausgaben to go, durchhalten und hoffen.