DIE STIMME DER VERNUNFT

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Hurra, wir leben noch!

101. Woche – Safe European home
- Die Farben auf der Landkarte verändern sich. Wir reden seit Donnerstag nicht mehr ständig über Corona, dafür immer noch alle durcheinander. Einige bemerken erstmals die unauffällig eingedrungenen Trolle in ihrer Freundesliste und löschen nach fruchtlosen und dummen Scheindiskussionen was das Zeug hält. Blöd, dass das andere Thema noch weniger erfreulich ist und deutlich deprimierender ausfällt, könnten wir bitte die Pandemie als Thema #1 zurückhaben?
- Reisen bildet. (Dschingis Khan)
- Back to school. Wie gerne würde ich noch einmal in die Schule gehen. Nicht etwa weil dann vielleicht mit etwas mehr lernen etwas „Besseres“ aus mir geworden wäre, sondern weil man den Arschlöchern dort noch ohne großes Drumherum die Fresse polieren konnte. Das Schlimmste, was dabei passieren konnte: ein bis zwei Stunden Nachsitzen.
- 23.02. Was soll der Tag bringen, wenn dir im Halbschlaf die Kaffeedose aus der Hand rutscht und sich der Inhalt über zwei Getränkekisten in der Küche verbreitet? Ungekämmt, ungeputzt und ohne Kaffee die Küche einmal grob durchfegen, auf dass es weiterhin beim Gehen knirscht, wohlwissend, dass unter den Sprudelkisten noch mindestens drei Tassen frisch gemahlener Kaffee vom Schwarzmahler auf dich warten.
- Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. (Mr. Hyde)
- Lasst uns alle Brüder sein ... aber willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir die Fresse ein. (Josef Stalin)

102. Woche – home is where the f*ckers aren’t
- Optimismus. Wenn man in solchen Zeiten weiterhin konsequent seinen Müll trennt und tapfer recyclet.
- Ruhestand. Despoten und Diktatoren gehen niemals in Rente.
- Rekordnationalspieler. Gerhard Schröder ist der Lothar Matthäus unter den Altkanzlern. Obwohl, vielleicht tut man Loddar da doch ein wenig Unrecht.
- Es werde Licht. (Edison)

103. Woche – Gemietete 24 Wände + Keller
- Jede Wette. Nächstes Jahr werden die Ölfirmen und Börsenspekulanten ein weiteres Mal Rekordgewinne eingefahren haben.
- Samma! Ich finde, „Mach die verdammte Tür zu, ich heiz doch nicht für Putin“ sollte sich durchaus als geflügeltes Wort durchsetzen.
- Fick dich, russisches Kriegsschiff. Sollte sich ebenfalls als geläufiger Fluch für so ziemlich alles etablieren lassen, das wesentlich größer als man selber ist!
- Trottelfasten. Bis Ostern keine Trottel mehr, das ist mein guter Vorsatz seit Aschermittwoch. Wer weiß, wenn’s mir guttut, stelle ich meine Ernährung ganz auf trottelfrei um.

104. Woche – Stay safe, stay at home, vermeide den Nachrichtenoverkill
- Me first. Ich wünsche euch allen von Herzen Mehlwürmer und ranziges Öl.
- Oma/Opa?. „Wie konnte es damals eigentlich sein, dass Leute Hitler toll fanden, wo doch jeder sehen konnte, was das für ein schlechter Mensch war?“ Willkommen zur kostenlosen Feldstudie des 21. Jahrhunderts.
- Müllhalde. Synonym für eine Wissensdatenbank ohne jegliche redaktionelle Betreuung.
- Der Pandemieplaner. Demnächst für PC, Xbox und PlayStation: Manage dein Land durch eine Pandemie. Ein spannendes Wirtschaftssimulations- und Entwicklungsgame für die ganze Familie. Erlasse Schutzmaßnahmen, kaufe oder verkaufe Masken, entwickle Impfstoffe, halte die Wirtschaft am Laufen, baue Krankenhäuser, bezahle deine Pflegekräfte besser oder setze auf Wimpel und Klatschen, erlasse eine Impfpflicht oder fahre eine Null-Infektionsstrategie, sorge für Equipment oder lass einfach alles laufen. Ähnlichkeiten mit „Sims“ oder irgendeinem anderen Wirtschaftssimulationsspielen sind rein zufälliger Natur.

105. Woche – Schöner Wohnen
- Sargent „D“. Man muss aktuell wirklich nicht jeden „Militärexperten“ zu Wort kommen lassen, der sich beim Bund oder bei Fähnlein Fieselschweif ein paar Abzeichen für Knoten und Feuermachen verdient hat. Ganz seltsam finde ich auch die „sportliche“ Berichterstattung mit „Liveticker“, in denen solche Experten dem russischen Team taktische Tipps geben, indem sie ihre 3-4-2-Aufstellung auseinandernehmen und gleich mitliefern, wie man es besser machen könnte.
- Hausmarke. In unserem Pre-Zero-Glascontainer ist das eindeutig Köstritzer. Irgendjemand ist da offenbar ein Genießer, aber einfach zu faul, die Flaschen für acht Cent Pfand wieder zurück in den Laden zu tragen. Sollte meine Rente mal knapp werden, weiß ich immerhin, in welchen Eimer ich schauen muss. Gemessen an der Zahl der Bewohner im Haus ist der Alkoholkonsum im Durchschnitt durchaus bedenklich. Aber ich glaube, dass die beiden älteren Damen das meiste davon wegzischen, dann wiederum geht’s.

106. Woche – Partially zurück an der Mehrwertstelle
- An der Tanke. Wir diskutieren über Tempolimits (eigentlich diskutieren wir nicht, weil die FDP, als potenziell beleidigte Leberwurstwinzpartei an der Waage, sowieso per se nicht mitspielen will), geben tolle Benzinspartipps, ermahnen zur Lebenszeitverschwendung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, belassen es aber beim größten Spritschlucker Büropräsenz, so als hätte es die letzten beiden Jahre nicht gegeben.
- Verstörend. Der Warnhinweis, dass manche Szenen in einem Nachrichtenvideo verstörend wirken können, verstört noch mehr, wenn man davor 21 Sekunden Werbung für Osterschlemmereien zu einer fröhlichen Familienfeier ansehen durfte. Seufzer. Wenn nach zwei Jahren Pandemie immer noch von „Kolleg:innen“ gerätselt wird, was sie als Erstkontakt zu tun haben, wenn jemand ihnen gerade zwei rote Striche per Whatsapp schickt, den sie beim Frühstück noch verabschiedet haben. Spoiler: Auf jeden Fall noch das Mittagessen mitnehmen!
- Dein Shoppingerlebnis, meine Hölle. Wenn am Samstagvormittag im Breuninger eine Mutter mit vier Kindern (und einer Freundin der Mutter), jedem Kind einen Fünfziger in die Hand drückt (damit es lernt, mit dem Geld des Vaters umzugehen), sie alle einzeln bezahlen lässt, und die Kassiererin jedes Kind exakt dasselbe fragt, nämlich: „Bist du alleine da? Brauchst du eine Tasche, die kostet 20 Cent extra“, die Antwort immer dieselbe ist: „Da steht meine Mama, die hat eine Tasche!“, wäre das genau meine Hölle für die Ewigkeit. Vier Kinder mit Einzelbezahlvorgang und viermal exakt demselben Gespräch später ist dann die Mutter dran, die will dann neben etwas Smalltalk – fürs Feeling – doch eine Tasche für 20 Cent, weil ihre inzwischen voll ist. Hahamumu!
Wenn nur eine Kasse offen ist, hat diese pädagogisch äußerst wertvolle Maßnahme dir gerade exakt eine Viertelstunde deines Lebens geraubt.
Warum ich so gerne online bestelle? Weil ich meine Größen kenne und solche Menschen ums Verrecken nicht ausstehen kann.
Selber schuld, warum gehst du dann dorthin?
Gute Frage, Sherlock! Weil die Alternative der Ikea nebenan gewesen wäre!

107. Woche – Sweet home Alabama (schön wär’s)
- Rapunzel. Prinzensaison für das Ackersalatmädchen: Nur bei gutem und trockenem Wetter! Warum? Stell dir einfach mal vor, wie die Haare aussehen, wenn ein dahergelaufener Prinz sich bei Regen an dem nassen Zopf emporhangelt. Die Mähne saugt sich sofort voll mit Wasser und wird elend schwer. Danach dauert es ewig, bis das wieder trocknet, weil man die ja erst mal waschen muss, wenn er sie mit seinen ungewaschenen Händen dreckig macht. Herrenbesuche im Märchen also nur bei schönem Wetter.
- Die fetten Jahre sind vorbei. Punkt!
- Kauzig. Vor dem langen Konzertwochenende (drei Konzerte in drei Tagen) werden die Nasenhaare getrimmt. Nachdem man sich und die in zwei Jahre langer mühevoller Kleinstarbeit kunstvoll geflochtenen Rüsselhaare nicht mehr hinter einem MNS verstecken kann, möchte man nicht als „verschroben“ in Verruf geraten, nur weil sich dieser Modetrend dann leider noch nicht durchgesetzt hat.
- Ferndiagnose. Nach zwei Jahren Homeoffice kann ich den Alkoholgehalt mancher Gesprächsteilnehmer in einer Skypesession auf 0,1 Promille exakt bestimmen, das muss doch auch zu irgendwas gut sein.
- Wenn’s mal läuft, läuft’s! Vor allem Nasenbluten!

108. Woche – Eigentlich dort, aber dann doch weitestgehend da(heim)
- Nur nicht provozieren. Was hat uns die Straße beigebracht? Dass es letzten Endes völlig egal ist, ob du den Dorfschläger provozierst oder nicht. Wenn du ihn provozierst, muss er nur nicht erst mühsam nach einem Vorwand suchen, um dir eine aufs Maul zu hauen. Letzten Endes braucht er aber häufig auch gar keinen, es reicht schon, dass du existierst.
- Schreibblockade? Wo sind eigentlich OHL, wenn man sie mal braucht, um das Tagesgeschehen zu kommentieren oder für Text-Updates? Fällt ja immerhin in ihre Kernkompetenz. Ich frage natürlich für 1 Freund und der auch nur rein interessehalber!
- Karfreitag. Da nun über 50% der Bevölkerung nicht mehr Mitglied im Kirchenclub sind, fällt das Tanzverbot am Karfreitag genau genommen unter „Minderheitenschutz“.

109. Woche – 3 Zimmer, Küche, Bad, Keller, TG
- Drei Uhr morgens. Es gibt genau zwei Arten von Katzenstreu: eines, das zerbröselt, wenn man drauftritt, und eines, das an der Schuhsohle kleben bleibt. Beide liegen kilometerweit vom Katzenklo entfernt und warten nur auf dich!
- Pest. Der ganze Stolz des Hobbykleingärtners wird durch die Tatsache getrübt, dass er bereits Mitte April schon so viele Blattläuse auf den überwinterten Kräutern hat, für die andere mindestens bis Juli brauchen. Seit wann stehen diese Mistviecher eigentlich so auf Schnittlauch?
- Fremdbestimmt. Ich will mich eigentlich gar nicht mit diesem Scheiß befassen, habe aber in den letzten Wochen derart viel über Strategie, Befehlsketten, die Bedeutung von Lastwagen und Lieferketten, Logistik und Wehrtaktik gelesen und verinnerlicht, dass ich mich langsam mit einem zweiten Bildungsweg auf West Point anfreunden könnte.
- Obey! Kaum stellt Russia Today seinen regelmäßigen Sendebetrieb ein und pumpt nicht mehr permanent unterschwellige Botschaften in die Hirne der erweckten Wachschafe, regeneriert sich bei den ersten nach und nach das verbliebene Resthirn. Die Sonnenbrille fällt und man ist „nur“ noch der homophobe Kifferchrist von vor der Pandemie mit furchtbarer Musik.